Was ist der Strategy Dynamics Prozess?

Zuletzt aktualisiert: 15.02.2024

Die strategische Architektur der sich aus dynamischen Entwicklungen für ein Unternehmen ergebenden Herausforderungen zu entwickeln, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, für die dem Management das entsprechende Handwerkszeug zur Verfügung stehen muss. 

Daher soll hier exemplarisch die Ablaufdarstellung des Aufbaus einer strategischen Architektur erfolgen.

Zunächst einige Prämissen:

Zu beachten ist dabei, dass es sich der Übersichtlichkeit halber um eine vereinfachte Darstellung handelt. Werden diese Techniken in einem Unternehmen eingesetzt, erfordern sämtliche Einzelschritte detaillierte Unternehmensdaten, genaue Abwägungen, welches das Ziel der einzelnen Schritte sein soll und damit eine effektive und exakte Abstimmung zwischen allen an der Architekturgestaltung Beteiligten.

Bezüglich der in der Entwicklungsphase notwendigen Eingabe historischer sowie Ziel-Daten ist eine sorgfältige Herleitung der Daten essentiell. In vielen Unternehmen sind nicht alle benötigten Daten vorrätig und müssen oft in Zusammenarbeit mit diversen Stellen in mühsamer Kleinarbeit generiert werden.

Von Anfang an ist darauf zu achten, Begriffsdefinitionen allgemeingültig und stringent vorzunehmen. Vor allen Dingen sind dabei eindeutige Benennungen zu wählen, da diese sich von Anfang bis Ende der Architekturentwicklung durchziehen. Nimmt man das Beispiel „Service Qualität“, kann dieses selbst in der Geschäftsführung – je nach Zuständigkeitsbereich des Managers – unterschiedlichste Inhalte haben. Für den Telesales-Manager kann Service-Qualität die Annahmegeschwindigkeit von Telefonaten und die Problemlösungsrate am Telefon betreffen. Für einen technischen Betriebsleiter geht es eher um die Fehlerbehebung bei Maschinenausfällen, um Kundenaufträge rechtzeitig ausliefern zu können, in der Logistikabteilung um die Einhaltung bestimmter Lieferservices. Diese Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen.

Die dezidierte Begriffsdefinition trägt außerdem wesentlich dazu bei, den Fokus auf wirklich wichtige Kernpunkte der Unternehmensstrategie zu lenken und damit auch dazu, irrelevante Faktoren bei der Betrachtung auszuschließen.

Was die Verknüpfungen in den Ressourcen-Darstellungen angeht, müssen diese zwingend realistisch dargestellt werden, das heißt aufzeigen, in welcher Form die Ressourcen miteinander interagieren.

Desgleichen ist es möglich, dass nicht alle hier aufgeführten Punkte auch ein abzubildendes Unter-nehmen betreffen. Diese werden dann dementsprechend ausgelassen und es wird mit dem nächsten Punkt fortgefahren.

Auflistung der Maßnahmen zur Erstellung der strategischen Architektur nach dem Strategy Dynamics-Ansatz
Auflistung der Maßnahmen zur Erstellung der strategischen Architektur nach dem Strategy Dynamics-Ansatz

Phase I:

Identifikation des zeitlichen Verlaufs der zentralen strategischen Herausforderung

Beispielhaft für die in der obigen Tabelle dargestellte Vorgehensweise sei hier die für Phase I erwähnte Basisdarstellung näher erläutert:

In Phase I erfolgt zunächst die Identifikation mit dem strategischen Problemfeld oder der sich bietenden Möglichkeit und deren heutigem und vergangenem Stand sowie ihre voraussichtliche zukünftige Entwicklung. Beispielhaft seien hier operative Punkte wie Mitarbeiter oder Kunden und finanzielle Aspekte wie Gewinn oder Cash Flow genannt. Es ist hierbei günstiger, die konkreten, absoluten Faktoren (Gewinn, Verkaufszahlen, Kundenzahlen) zu nutzen, als bereits relativierte Werte (Marktanteil, Return on invest oder ähnliches). Auch ist sicherzustellen, dass die Darstellung in präzisen, absoluten Zahlen erfolgt (Umsatz in Mio. €, Personalanzahl).

Bei der zukünftigen Entwicklung ist zu beachten, das gewünschte Ergebnis (im Falle einer planmäßigen, positiven Entwicklung) sowie auch das befürchtete Ergebnis (worst case) aufzuzeigen.

Die Zeiteinteilung, die für die x-Achse gewählt wird, muss dem zeitlichen Horizont, der betrachtet werden soll, angemessen sein (Tage, Monate, Jahre). Desgleichen ist ein Start- und ein End-Datum festzulegen, sowie – wenn die Historie relevant ist – wo auf der Zeitachse der aktuelle Zeitpunkt liegt.

Sinnvoll ist es, dem betrachteten Key Performance Indicator (KPI) einen sogenannten Further Performance Indicator (FPI) an die Seite zu stellen, da sich dann die zukünftige Entwicklung des betrachteten strategischen Problemfelds in Zusammenhang mit weiteren Indikatoren aufzeigen lässt, zum Beispiel die Umsatzentwicklung als KPI in Verbindung mit Kundenzahlen als FPI.

Identifikation des zeitlichen Verlaufs der zentralen strategischen Herausforderung
Identifikation des zeitlichen Verlaufs der zentralen strategischen Herausforderung

Hier nun die Darstellung des Entwurfs der strategischen Architektur an einem Beispiel:

Sie wurden als Geschäftsführer einer neuen Bank angestellt, die ihren Kunden im Rahmen von Sparverträgen sehr attraktive Zinserträge, dafür aber lediglich einen rudimentären Service bietet. Die Bank wurde vor zwölf Monaten gegründet und hatte einen starken Kundenzuwachs zu verzeichnen. Allerdings ist es trotz hoher Kundenzahlen nicht gelungen, in die Gewinnzone vorzudringen. Dies sollen Sie ändern.

Bei näherer Durchleuchtung des Geschäftsgebarens der Bank stellen Sie fest, dass es außer der Unprofitabilität noch weitere Probleme gibt:

Die Servicequalität ist auf ein so geringes Level gefallen, dass der größte Teil der Kundentransaktionen von Problemen jedweder Art gestört wird. Resultierend daraus hat der Ruf der Bank erheblich gelitten. Die schlechte Service-Qualität scheint darin begründet zu liegen, dass das Personal völlig überlastet ist, was zu Demotivation und Resignation geführt hat.

Nachfolgend werden die auftretenden Problemfelder anhand einiger exemplarischer Phasen analysiert und aufgezeigt, mit welcher strategischen Planung innerhalb der nächsten zwölf Monate eine Verbesserung der Situation herbeigeführt werden soll.

Identifikation des zeitlichen Verlaufs der zentralen strategischen Herausforderung zum Fallbeispiel
Identifikation des zeitlichen Verlaufs der zentralen strategischen Herausforderung zum Fallbeispiel

Wie in obiger Abbildung ersichtlich wird, hat die Bank seit der Geschäftsaufnahme vor einem Jahr erhebliche Verluste eingefahren, den größten Teil der Zeit jeweils ca. -3 Mio. € pro Monat. Zeitgleich wuchs die Anzahl der Sparer überproportional, allerdings zeigen sich erste Anzeichen, dass dieses Wachstum langsamer vonstattengehen könnte. Das wichtigste Vorhaben ist zunächst, die Bank zurück in die Gewinnzone zu bringen, um den Kapitalgebern das Vertrauen in das Unternehmen zurückzugeben. Sofern dies gelingt, ist davon auszugehen, dass die Kapitalgeber (im Beispiel bei ca. Monat 15) dazu bereit wären, nochmals Kapital nachzuschießen, was zwar die Profitabilität zunächst senken würde, aber das Überleben der Organisation bis ins zweite Jahr sichert.

Von Phase I bis Phase VI werden nun alle Punkte abgearbeitet, die bereits in Abbildung 19 geschildert wurden. In Phase VI zeigt sich schließlich der eigentliche Aufbau der strategischen Struktur. Dieser ist in nachfolgenden Abbildung dargestellt.

Das Herzstück der strategischen Architektur zum Fallbeispiel
Das Herzstück der strategischen Architektur zum Fallbeispiel

In Phase VI wird die gesamte strategische Architektur aufgezeigt und sichergestellt, dass die Veränderungen, die bei den kritischen Ressourcen eintreten / hervorgerufen werden müssen, sinnvoll sind und zusammen passen.

Zu diesem Zeitpunkt erfolgt auch die Überprüfung, ob die geplanten Maßnahmen für die verschiedenen Ressourcen zusammenpassen und nicht eventuell gegeneinander wirken. Auch die monetären Auswirkungen der Planung werden zu diesem Zeitpunkt geprüft, da der vorliegende Plan in Phase VI dazu dient, potentielle Kapitalgeber davon zu überzeugen, dass das Unternehmen zukunfts- und lebensfähig ist.

Sind alle diese Punkte geklärt, und werden damit die Hauptprobleme des Unternehmens abgearbeitet, ist es möglich, in Phase II (Identifikation der relevanten strategischen Ressourcen) zurückzukehren, um weitere strategische Problemfelder anzugehen. Dies kann zum Beispiel die Generierung von höheren Spareinlagen von bereits bestehenden Kunden, aber auch die Neukundengewinnung sein. Ebenfalls kommt die Betrachtung in Frage, hohes Kundenwachstum mit entsprechender Service-Qualität in Einklang zu bringen, um den guten Ruf des Unternehmens wieder herzustellen und damit die Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Parallel zur Erschließung neuer relevanter strategischer Ressourcen läuft für die erste entwickelte strategische Architektur der Prozess bis zu Phase XIII (Bestätigung des verbesserten dynamischen Verhaltens) durch. Die Bestätigung erfolgt anhand des tatsächlichen Eintretens der prognostizierten Ergebnisse entlang der Zeitleiste.

Sofern diese Eintreten, hat der Strategy Dynamics-Prozess seinen Zweck für das strategische Management erfüllt, sowohl zur Entscheidungsunterstützung zu dienen als auch bei der Entwicklung zielführender strategischer Maßnahmen mitzuwirken.

Fallbeispiel: Ein Strategie-Life-Cycle am Beispiel von Blockbuster

„Die vernünftigen Menschen passen sich der Welt an; die unvernünftigen versuchen, sie zu verändern. Deshalb hängt aller Fortschritt von den Unvernünftigen ab.“
(wird G. B. Shaw zugeschrieben)

Die Anpassung und Veränderung von Strategien wird auch als Change Management bezeichnet. Es handelt sich hierbei um einen bewussten Steuerungsprozess, der Veränderungen in einem Unternehmen auf allen Ebenen initiiert und steuert.

Wie lautet die Definition von Change Management?

 „Change Management ist die laufende Anpassung von Unternehmensstrategien und -strukturen an veränderte Rahmenbedingungen. Wandel repräsentiert heute in Unternehmen nicht mehr den Sondervorgang, sondern eine häufig auftretende Regelerscheinung. Alle Prozesse der globalen Veränderung, sei es durch Revolution oder durch geplante Evolution, fallen in das Aufgabengebiet des Change Managements.

Zu den harten, revolutionären Ansätzen zählen die Modelle der Corporate Transformation und Business Transformation, die innerhalb des Reengineerings propagiert werden. Weiche, stärker evolutionär angelegte Ansätze stammen aus der Organisationsentwicklung. Sie war über Jahrzehnte das dominierende Paradigma des Change Managements. Charakteristisch für die Organisationsentwicklung ist das Harmoniepostulat zwischen den Zielsetzungen des Unternehmens und dem betroffenen Mitarbeiter.“

Wie lauten die Gründe für ein effizientes Change Management?

Bewährte Strategien müssen nicht zwangsläufig auch in Zukunft erfolgreich sein, durch die digitale Revolution erfolgte eine gravierende Beschleunigung der modernen Wirtschaftsabläufe. Damit avancieren Wandlungsfähigkeit und Flexibilität zu wichtigen Faktoren des Unternehmenserfolgs. Um die permanenten Veränderungen abbilden zu können, bietet sich der Strategie-Life-Cycle an. In der Literatur werden unterschiedliche Strategie-Life-Cycle vorgeschlagen, wobei alle Vorschläge auf dem Regelkreisprinzip basieren. 

Um den Regelkreis der Unternehmensstrategie zu diskutieren, lassen sich die Ausführungen von Welge nutzen, der die strategische Zielplanung, die strategische Analyse und Prognose, die Strategieformulierung und -bewertung sowie die Strategieimplementierung und -kontrolle als Phasen des strategischen Managements und als Lebenszyklus einer Strategie vorschlägt. 

Den Lebensphasen des Strategiezyklus folgend, ist die Grundlage des begrifflich leicht angepassten und um die Phase „Unternehmensbetrieb“ ergänzten Strategie-Life-Cycles in der nachstehenden Abbildung dargestellt. Bei Welge geht das Ergebnis der Analyse in die Korrektur der Strategie ein.

Die Unternehmensstrategie erfährt eine regelmäßige Anpassung und Verbesserung hinsichtlich neuer Zielsetzungen. Der Life-Cycle der Unternehmensstrategie beginnt daher mit der Definition der Unternehmensziele aus der die Strategiemaßnahmen resultieren. Eine Detaillierung erfolgt im Unternehmensplan, der wiederum im Unternehmen kommuniziert wird. Da die Unternehmenstätigkeit darauf abzielt, die gesetzten Vorgaben zu realisieren, werden Vorkehrungen getroffen, aufgrund derer der Geschäftsbetrieb fortgeführt werden kann. Die Wertschöpfung erfolgt im Unternehmensbetrieb im Rahmen der Produktion.

Der letzte Schritt ist die „Unternehmenskontrolle“, in der das Controlling tätig wird. Die Dauer des Strategie-Life-Cycles ist abhängig von Branchenzugehörigkeit und Produktart, im Anlagenbau fünf Jahre und länger, während er in der Modebranche oft weniger als sechs Monate dauert.

Der Strategie-Life-Cycle bietet eine weitere Basis für Maßnahmen und Entscheidungen im Unternehmen.

Strategie-Life-Cycle
Strategie-Life-Cycle

Der Veränderungsprozess (Reform) bewegt sich in zwei Dimensionen. Eine Dimension ist die Reichweite einer Veränderung, die andere bestimmt das jeweils angemessene Management-verständnis.

Dimensionen des Veränderungsprozesses
Dimensionen des Veränderungsprozesses

Bei der Dimension der Reichweite unterscheidet man zwischen globalem Wandel und lokalen Anpassungen. Der globale Wandel umfasst das gesamte Unternehmen. Dies betrifft Veränderungen der Strategie und / oder der Unternehmenskultur. Bei einer lokalen Anpassung bleibt die operationale Basis weitgehend gleich. Hier handelt es sich lediglich um Veränderungen bei einzelnen Projekten oder eines Unternehmensbereichs.

Da Wandel meist als ganzheitlicher Prozess begriffen wird, der alle Bereiche eines Unternehmens umfasst (komplementärer Wandel), hat sich die Gewichtung zu Konzepten des globalen Wandels verschoben.

Das Spektrum der im Change Management möglichen Führungsmodelle bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Transformation und Evolution.

Was ist die Transformation?

Ein Transformationsansatz ist beispielsweise das Maschinenmodell des Unternehmens. In der Literatur werden Organisationen mit verschiedenen Metaphern beschrieben. Ein sehr einfaches Modell ist das Maschinenmodell. Es begreift den Menschen als ein passives Rädchen in der Maschine Organisation, dies wurde unter anderem in dem Charly Chaplin-Film „Moderne Zeiten“ thematisiert. Das Maschinenmodell findet sich eher in den Anfängen der Organisationstheorien. Management ist hier lediglich die „handwerkliche“ Einstellung bestimmter Hebel. Der Wandel wird durch autoritäre Eingriffe oder durch manipulative Marketingmaßnahmen aufoktroyiert.

Was ist die Evolution?

Im Gegensatz zum Transformationsansatz werden die Organisationen im Evolutionsprozess nur behutsam gelenkt und geleitet. Die Weiterentwicklung des Unternehmens ist ein chaotischer dynamischer Prozess.

Was ist die Reform?

Zwischen Evolution und Transformation in ihrer Absolutheit existieren auch Hybridmodelle mit einem mittleren Interventionsgrad. Change Management gibt hier nur Anstöße bezüglich der Richtung einer Veränderung oder ein grobes Raster vor. Die Weiterentwicklung erfolgt mittels Selbstorganisation des Unternehmens.

Veränderungen sind allgegenwärtig und sichern das Überleben. Das gilt für die Natur wie für die Wirtschaft. Leider zeigen sowohl von oben aufoktroyierte Maßnahmen, als auch dem Mittelmanagement die Verantwortung übertragende Change-Programme oft nur begrenzte Wirksamkeit. Dies hängt damit zusammen, dass sich die Organisation und die entsprechenden Human-Ressourcen den Veränderungen nicht oder nur unzureichend anpassen können, wenn sich der gewünschte Wandel nicht in einer (vor)gelebten Unternehmenskultur manifestiert.

Um das Change-Management im Unternehmen entsprechend einzubinden, eignen sich auch die Grundlagen von Strategy Dynamics, wie nachfolgend am Beispiel von Blockbuster aufgezeigt wird:

Was ist der Strategie-Life-Cycle von Blockbuster?

Die Basiselemente der Strategie-Entwicklung wurden bereits im Fallbeispiel zu Starbucks erläutert. Es handelt sich dabei um die Auswahl von Unternehmenszielen, die Positionierung des Unternehmens in Relation zu Wettbewerbern am Markt und dem weiteren Unternehmensumfeld sowie die Lenkung des Unternehmens im Verlauf der Zeit mittels unternehmenspolitischer Entscheidungen, die seine Leistung(sfähigkeit) beeinflussen.

Die Standard-Strategie-Methoden – wie auch im Rahmen des Strategie-Life-Cycles aufgezeigt – beschäftigen sich mit den beiden erstgenannten Faktoren; die Zeitschiene wird hierbei jedoch vernachlässigt. Allerdings kommt gerade diesem dritten Punkt eine entscheidende Bedeutung zu, da die ersten beiden Punkte sich nur wenig oder langsam ändern, während die Steuerungsfunktion, die anhand zeitlicher Entwicklungen entsteht, permanent durch das Management durchgeführt werden muss.

Um diese These zu stützen, eignet sich das Beispiel der Video-Verleihfirma Blockbuster:

Die Geschichte von Blockbuster begann, als es für die breite Masse durch die weit verbreiteten Videorecorder möglich wurde, sich (ehemalige Kino-)Filme zu Hause anzusehen. Das Unternehmen durchlief die typischen Phasen des Produktlebenszyklus:

Produktlebenszyklus
Produktlebenszyklus

Das Marktwachstum stellt den entscheidenden Marktfaktor dar. Bezugspunkt ist außerdem der typische Verlauf eines Produktlebenszyklus. 

In der Einführungsphase (Start up) ist das Marktpotential schwer kalkulierbar und es ergeben sich nur geringe Umsätze. Allerdings bestehen kaum Markteintrittsbarrieren, da es nur wenige Mitbewerber gibt.

In der Wachstumsphase (Growth) kommt es zu deutlichen Umsatzsteigerungen, allerdings kann es durch neue Mitbewerber, die in den Markt drängen, auch zu Unsicherheiten bei der Preisgestaltung kommen. Die Einschätzung des Marktpotentials ist immer noch schwierig, aber aufgrund von Erfahrungswerten der bestehenden Marktteilnehmer erhöhen sich die Markteintrittsbarrieren. Es erfolgt eine gewohnheitsmäßige Nutzung der Kunden von bestimmten Produkten.

Sobald die Reifephase (Maturity) erreicht ist, stagnieren die Umsätze. Das Marktpotential ist überschaubar und einzelne Marktteilnehmer ziehen sich bereits wieder zurück. Die Markteintrittsbarrieren sind mittlerweile sehr hoch und schlechte Zukunftsperspektiven machen den Neueinstieg anderer 

Wettbewerber unwahrscheinlich. Es erfolgt eine Kundenbindung an eine bestimmte Marke.

In der letzten Phase, der Sättigungsphase (Decline), sinken die Umsätze. Daraus resultiert ein weiterer Rückzug aus dem Markt verbunden mit einer Kapazitätsreduktion. Eine Verlängerung der Reifephase kann durch eine Anpassung an geänderte Kundenbedürfnisse bzw. eine Neupositionierung erzielt werden. Dabei muss jedoch weiterhin ein hohes Nachfrageniveau gehalten werden oder die Nachfrage neu aufleben. Dies kann beispielsweise durch einen Relaunch provoziert werden.

In Einführungs- und Wachstumsphase herrscht ein hohes Wachstum des Marktfaktors, die letzten beiden Phasen weisen ein niedriges oder negatives Wachstum bzw. eine Stagnation auf.

Neben dem Produkt- und dem Strategie-Life-Cycle wurde von Helfat und Peteraf das Konzept des 

Capability Lifecycles entwickelt, das eine konsequente Dynamisierung des ressourcenbasierten Ansatzes darstellt.

Capability Lifecycle
Capability Lifecycle

Auf welchen Kernaussagen basiert das Konzept des Capability Life-Cycles?

„We argue here that while some capabilities may deal specifically with adaptation, learning, and change processes, all capabilities have the potential to accommodate change. Learning, change, and adaptation do not necessarily require the intervention of ‘dynamic’ capabilities as intermediaries.“

Der Capability Lifecycle kann mit dem Produktlebenszyklus verglichen werden. Kompetenzen sind dabei nicht an ein einzelnes Produkt geknüpft, sondern ihr Lebenszyklus kann länger sein als der eines Produktes und darum in die Produktlebenszyklen weiterer Produkte einfließen. 

Analog zum Produktlebenszyklus ist die erste Phase des Capability Lifecycles die Gründungsphase. Hier erfolgt der Kompetenzaufbau im Unternehmen durch eine bestimmte Gruppe von Mitarbeitern. Dies geschieht meist aus der Notwendigkeit heraus, ein bestimmtes Unternehmensziel realisieren zu wollen. Der Kompetenzaufbau erfolgt aus den vorhandenen Kompetenzen heraus.

Was beinhaltet die die Entwicklungsphase – Phase II?

„During this stage, the capability develops through search by the team for viable alternatives for capability development, combined with accumulation of experience over time.”

In der dritten Phase, der Reifephase, wird die Kompetenz ausgeübt. Je häufiger die Kompetenz ausgeübt wird, desto besser erfolgt ihre Verankerung im Unternehmen.

Die strategische Vergangenheit der Blockbuster-Kette illustriert das generelle Modell des Strategie-Life-Cycles respektive des Produktlebenszyklus nahezu idealtypisch.

Die nachfolgende Darstellung zeigt die Entwicklung der Blockbuster-Geschäfte in den vier genannten Phasen von 1985 bis 2007.

Ergänzt wird die Darstellung durch die Entscheidung, weitere Punkte zur ursprünglichen strategischen Position hinzuzufügen (“decisions to add to the original strategic position”) – dies geschah durch Zukäufe und Expansion – sowie die Rücknahme der strategischen Entscheidung („decision to change the strategic position“), als ersichtlich wurde, dass diese zu einem Zusammenbruch des Unternehmens führen könnte.

Entwicklung der Blockbuster-Stores von 1998 bis 2007
Entwicklung der Blockbuster-Stores von 1998 bis 2007

Was an dem Lebenszyklus besonders auffällt, ist die Seltenheit, mit der die strategische Positionierung neu vorgenommen wurde. Der Großteil der Aufgaben des strategischen Managements besteht darin, Strategie und Leistung(sfähigkeit) des Unternehmens periodisch anzupassen und damit die Leistungsfähigkeit für die Zukunft zu gewährleisten. Diesen Vorgang nennt man auch Strategie-Implementierung.

Hier nun eine kurze Erläuterung zu den unterschiedlichen Phasen des Lebenszyklus:

Es ist davon auszugehen, dass es in der Einführungs- oder Start up-Phase das ursprüngliche Ziel von Blockbuster war, beispielsweise jedes Jahr zwanzig neue Geschäfte zu eröffnen, den Umsatz innerhalb von drei Jahren auf ca. 50 Millionen $ zu bringen sowie 10 Millionen $ Jahresgewinn zu generieren.

Die Marktpositionierung war dergestalt, dass man den Kunden ein größeres Geschäft mit familien-

orientierten Filmen und einem ausgeklügelten IT-System anbieten wollte, das elektronische Mitglieds-karten vorhalten konnte und dafür sorgte, dass populäre Filme (sogenannte „Blockbuster“) in ausreichender Zahl vorrätig sind.

Die Strategie-Lenkung erforderte es, permanent Entscheidungen über die Auswahl der zu entleihenden Filme, das Preisgefüge, Mitarbeiterrekrutierung und -training, Marketingmaßnahmen und -ausgaben sowie Standorte, Größe und Design der neu zu eröffnenden Geschäfte zu treffen.

In der Wachstumsphase (Growth) veränderten sich die Unternehmensziele aufgrund des großen Erfolges und der sich daraus bietenden Möglichkeiten. Die Wachstumsziele stiegen auf mehrere hundert neue Geschäfte pro Jahr, einen Umsatz von einer Milliarde $ und Gewinne von mehreren hundert Millionen $.

An der Positionierung des Unternehmens änderte sich in dieser Phase nichts. Zielgruppe waren immer noch die Besitzer von Videorecordern, die sich in einem Blockbuster-Geschäft in ihrer Nähe Video-Filme ausliehen, um diese zuhause gemeinsam mit ihrer Familie anzusehen. Dieses Konzept war auch weiterhin erfolgreich.

Auch wenn zu diesem Zeitpunkt Veränderungen am Geschäftsmodell oder in der strategischen Positionierung nicht nötig waren, heißt das nicht, dass das strategische Management in dieser Zeit untätig war. Die strategischen Managemententscheidungen waren immer noch nötig, um die Produktpalette, Human Ressources, Preisbildung, Marketing, Geschäftsausstattung und vieles mehr festzulegen.

Mit welchen signifikante Maßnahmen wurde die Strategie auszuweitet?

Das Unternehmenswachstum wurde durch die Einführung eines Franchise-Systems forciert und mit der aggressiven Akquisition und Übernahme anderer Videoverleih-Ketten weiter beschleunigt. Das bereits in den USA erfolgreiche Konzept wurde international ausgeweitet auf Europa, Australien und Japan.

1995 gab es 4.500 Blockbuster-Geschäfte, davon waren 1.000 in der Hand von Franchisenehmern. Ungefähr ein Drittel davon befand sich außerhalb der USA. Die Umsätze lagen bei ca. 2,4 Milliarden und die Gewinne bei ca. 785 Millionen $.

In der Reifephase (Maturity) stagnierten die Gewinne zunächst, um dann von 1997 bis 2001 stark abzufallen. Rückblicke auf diesen Zeitraum belegen, dass das ursprüngliche Geschäftsmodell nicht durch signifikante Einflüsse beeinträchtigt wurde. Allerdings wurde die Blockbuster-Kette von Viacom übernommen und verzeichnete danach ernsthafte Einbrüche in der operativen Leistungsfähigkeit.

Die Unternehmensziele waren immer noch darauf ausgerichtet, das Geschäftsnetzwerk und die Umsätze zu steigern. Die Gewinne fielen jedoch im Jahre 1997 auf 310 Millionen $, nur um im folgenden Jahr wieder auf über 700 Millionen $ zu steigen, was auch bei optimistischster Annahme niemand erwartet hätte.

Auch die Positionierung war weitestgehend konstant – DVDs ersetzten mittlerweile die ursprünglichen Video-Kassetten, was jedoch am Geschäftsmodell, der Zielgruppe oder den operativen Abläufen grundsätzlich keine Änderungen bedingte.

Auch zu diesem Zeitpunkt bestand die Hauptaktivität des strategischen Managements hauptsächlich darin, dass Unternehmen von Periode zu Periode zu steuern.

Im Jahre 2007 zeigten sich die ersten Hinweise, dass Blockbuster sich in der Sättigungsphase (Decline) – der letzten Phase des Strategie-Life-Cycles – befand. Daraus leitete sich das Risiko ab, das Unternehmen gegebenenfalls schließen zu müssen.

Als Wettbewerber trat Netflix in Erscheinung. Das Unternehmen bot einen Verleihservice via Internet mit Postzustellung nach Hause an. Blockbuster reagierte darauf, indem es umgehend denselben Service anbot. Ähnliche Services, die kurze Zeit darauf auch von Amazon.com und zahlreichen anderen Unternehmen angeboten wurden, trafen Blockbuster an der Quelle des Erfolges: Die Profitabilität der Vor-Ort-Geschäfte litt erheblich unter der Konkurrenz aus dem Internet.

Die strategischen Unternehmensziele änderten sich daraufhin dergestalt, dass seine Wahrung der Umsätze angestrebt sowie ein “geordneter Rückzug“ aus dem Vor-Ort-Geschäft in Form der Senkung von Filialzahlen angetreten wurde. Die Positionierung bezüglich der Vor-Ort-Geschäfte änderte sich grundsätzlich nicht, wurde aber ergänzt durch das Internet-Geschäft. Was die Vor-Ort-Geschäfte betrifft, war die hauptsächliche Management-Tätigkeit jedoch weiterhin, das Kerngeschäft mit den nötigen Entscheidungen von Periode zu Periode zu lenken

Ab 2007 waren strategische Entscheidungen nötig, die es Blockbuster ermöglichten, in den neuen Markt des Videoverleihs via Internet und Zustellung per Postversand einzusteigen. Dies musste  mit einer Konsolidierung des ursprünglichen Kerngeschäfts kombiniert werden – dem Verleih von Videos, mittlerweile auf DVD, in Vor-Ort-Geschäften. Die ursprüngliche Strategie unverändert weiterzuführen, wäre ein sicherer Weg in den Ruin gewesen. Daher war ein Teil des Managements weiterhin damit beschäftigt, in diesem sich immer weiter reduzierenden Segment trotzdem für eine gewisse Profitabilität zu sorgen, während die neue Strategieausrichtung sich immer mehr auf den postalischen Service konzentrierte.

Der Werdegang von Blockbuster verdeutlicht die Hauptaktivitäten des strategischen Managements und auch, dass zwischen diesen eine gewisse Balance geschaffen werden muss. Als Kernaussage ergibt sich – wie bereits eingangs des Fallbeispiels erwähnt – dass die komplette Neuausrichtung der Unternehmensstrategie nur sehr selten vorgenommen wird / vorgenommen werden muss. 

Dies liegt vor allem darin begründet, dass – hat das Unternehmen seine Nische und Marktpositionierung gefunden und ist in diesem Bereich erfolgreich – gravierende Änderungen eintreten müssen, um ein Geschäftsmodell, das aktuell erfolgreich ist, in der Zukunft einbrechen zu lassen. Funktioniert das angedachte Geschäftsmodell nicht, besteht selbstverständlich die Notwendigkeit, schnellstmöglich auszuloten, welche Änderungen zu implementieren sind, um größere finanzielle Verluste zu vermeiden.

Das Verhalten von Blockbuster, an der strategischen Positionierung über Jahrzehnte festzuhalten, ist also völlig normal. Der Erfolg des Unternehmens schwankte zwar in dieser Zeit aufgrund der Entwicklungen am Markt auch gelegentlich, es waren aber trotzdem keine gravierenden Änderungen notwendig. Diese Notwendigkeit trat erst mit dem Entstehen des Internet-Verleihs auf und die Umstrukturierung wurde von Blockbuster erfolgreich gemeistert.

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