Warum sind Marketing-Theorien unentbehrlich für die Unternehmenssteuerung?

Zuletzt aktualisiert: 06.04.2023

Das Thema Marketing-Theorien wird in Lehrbüchern im Vergleich zu angewandten Marketingthemen vernachlässigt. Kuss (2009, S. 1) erklärt dies durch die starke Anwendungsorientierung der Marktforschung und weist darauf hin, dass diese Tatsache auf die Theoriebildung einen negativen Einfluss hat. So können beispielsweise starke Vereinfachungen bei Annahmen den Realitätsbezug der Theorien einschränken.

Marketingtheorien sind jedoch unentbehrlich, da sie über die Maßnahmen informieren, die zur Unternehmenssteuerung erforderlich sind. Diese Maßnahmen müssen so ausgerichtet werden, dass die Unternehmensziele durch „eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse“ (Meffert, 1986, 31), aber auch über die Verwirklichung von Wettbewerbsvorteilen langfristige Erfolgspotenziale gesichert werden. 

Dieser Abschnitt bringt eine Einführung in für das Marketing relevante theoretische Begriffe, einschließlich psychologischer Theorien zur Erklärung des Käuferverhaltens.

Wie wird die Abgrenzung zwischen Information und Wissen gehandhabt?

Die Abgrenzung zwischen Information und Wissen wird nicht einheitlich gehandhabt. Begriffe wie Wissensmanagement und Wissensgesellschaft suggerieren die Möglichkeit, Wissen wie ein Produkt behandeln zu können, das erworben und veräußert werden kann. 

Neue Definitionen von Wissen beziehen sich auch auf die Entstehung von Wissen, beispielsweise: „Informationen werden zu Wissen, wenn die Informationen durch subjektive Einstellungen, Annahmen, Theorien und Schlussfolgerungen ergänzt werden. Wissen entsteht somit durch einen Prozess, indem Daten und Informationen mittels Lernen und Intelligenz weiter verarbeitet werden“ (Bühner, 2001, S. 886 in Kuss, 2009, S. 10). 

Dies zeigt eine sehr unterschiedliche Sichtweise verglichen mit früheren Autoren, die Wissen als eine Sammlung von Aussagen darstellen, die an andere über Medien übertragen werden können (z.B. Bell, 1973, 175). Aus Bühnerscher Sicht ist Wissen subjektiv und wird in Konsequenz von jeder Person auf individuelle Weise erzeugt. Interpersönliche Unterschiede sind damit unvermeidbar; dies wird besonders von Vertretern der Konstruktivistischen Theorien betont.

Für Marketing hat die Art der Sichtweise weitreichende Auswirkungen. Die Frage, wie der Konsument beispielsweise Produktwissen – oder Konsumentenwissen überhaupt – erwirbt und verwendet, muss entsprechend beantwortet werden (siehe auch Abschnitt 2.4).

Die Diskussion zur Entstehung von Wissen führt zur Überlegung, wo Marketingwissen entsteht. Kuss zeigt drei prinzipielle Bereiche auf:

  • Akademische Marketingforschung. Die weltweite starke Nachfrage nach Lehrangeboten in Marketing führt in industrialisierten Ländern zu einer starken personellen Besetzung in diesem Fach. An wissenschaftlichen Hochschulen ist eine Lehrtätigkeit auch mit Forschungstätigkeit verbunden, sodass in Folge die Ergebnisse von theoretischen und empirischen Forschungen vor allem in wissenschaftlichen Zeitschriften publiziert werden. 
  • Kommerzielle Marktforschung. Diese Branche mit jährlichen Milliardenumsätzen publiziert üblicherweise nicht die Ergebnisse der Marktforschungsuntersuchungen, da diese ja von den Auftraggebern finanziert werden. Manchmal werden jedoch Zusammenfassungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, auch um einen gewissen Werbeeffekt zu erzielen. Schließlich haben Marktforschungsinstitute wesentlich zur Weiterentwicklung von Forschungsmethoden beigetragen, deren Publikation einen Prestigegewinn für die jeweiligen Institute bedeutet. 
  • Beratungsunternehmen. Sie generieren Marktwissen durch ihre Projekte, aber auch durch Entwicklung von Hilfsmittel und Methoden.

Im Vergleich zu Natur- und Ingenieurwissenschaften spielen Forschungsinstitutionen der öffentlichen Hand nur eine untergeordnete Rolle. Eine international im Bereich Marketing tätige Institution, finanziert von großen, meist US-amerikanischen Firmen, unterstützt die Marketing-Forschung und publiziert Forschungsergebnisse: Marketing Science Institute (www.msi.org).

Der Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft traf folgende Auswahl für die drei besten internationalen Marketing-Zeitschriften:

  • Journal of Marketing
  • Journal of Consumer Research
  • Marketing Science.

Die Verwender von Marketingwissen werden von Kuss wie folgt kategorisiert:

  • Konsumenten. Kunden von Unternehmen suchen Marketingwissen, um die Praktiken von Anbietern einschätzen und entsprechend darauf reagieren zu können.
  • Akademische Forscher, Lehrende, Autoren, Studierende. Bei der Erstellung von eigenen Arbeiten wird in der Regel auf bestehende Forschungsarbeiten in Form von Zitaten und Referenzen zurückgegriffen.
  • Akademische Forscher in Fachgebieten. Besonders in Nachbardisziplinen wie Psychologie und Volkswirtschaftslehre werden Forschungsergebnisse aus Marketing – besonders Konsumentenforschung – verwendet.
  • Manager und Berater, Marktforscher. Durch fachspezifische Ausbildung, aber auch aufgabenbezogen und durch Weiterbildung, hat dieser Personenkreis Marketingwissen erworben. Technische Kaufleute im Vertrieb sind oft Ingenieure, die sich das benötigte Marketingwissen während ihrer Berufstätigkeit angeeignet haben.   
  • Politik, Verwaltung, Anwälte. In Fragen des Verbraucherschutzes oder des Wettbewerbsrechts ist Marketingwissen für politische oder rechtliche Angelegenheiten relevant.
  • Spezielle Interessengruppen. Dazu sind beispielsweise Verbraucherschutzgruppen zu zählen, die mit Marketingwissen Konsumenten unterstützen.  

(Nach Kuss, 2009, S. 15ff).

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