Was umfasst das Käuferverhalten?
Selbstverständlich ist es für jeden Anbieter von Produkten von großem Interesse, was Käufer dazu bewegt, gerade dieses oder jenes Produkt zu erwerben. Für die folgende Diskussion sollen der Einfachheit halber Produkte auch Dienstleistungen umfassen. Es soll außerdem kein Unterschied gemacht werden, ob Produkte tatsächlich in das Eigentum des Erwerbers übergehen, oder nur in dessen Besitz, wobei gleichzeitig angenommen wird, dass es sich bei Käufer und Konsument um die gleiche Person handelt (mit der Ausnahme des Einkäufers einer Organisation, die separat besprochen wird).
Das Käuferverhalten ist aber nicht nur auf die eine Aktivität der Auswahl des Produktes beschränkt. Es werden vielmehr alle Aktivitäten mit einbezogen, die einerseits zur Produktauswahl führen (z.B. Informationssuche), andererseits auch diejenigen Aktivitäten berücksichtigt, die nach dem Produktkauf auftreten (z.B. Lagerung bis zur Verwendung, Entsorgung). Die Summe dieser Aktivitäten wird unter dem Begriff Kaufprozesse zusammengefasst.
Das Bild des gut informierten Käufers, der rational und aufgrund vollständiger Informationen Kaufentscheidungen zur Maximierung seines Nutzens trifft, wurde ab etwa den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts durch eine realistischere Version abgelöst. Diese Feststellung trifft nicht nur auf den Kauf von Konsumgütern, sondern auch auf den industriellen Einkauf zu.
Das behavoristische Modell Stimulus-Response (S-R), einschließlich der Variante der konditionierten Reaktion, vermag menschliches Verhalten nur unvollständig zu erklären. Folgend den Arbeiten von HULL, SKINNER u.a. wurden auch dem Organismus Verhaltenswirkungen zugestanden, was zur Bildung des neobehavoristischen Stimulus-Organism-Response (S-O-R) Modells führte. Die Verarbeitung von Werbebotschaften ist ein Beispiel einer Wirkung, die über einen reinen Stimulus hinausgeht, da sie erst vom Organismus aufgenommen, analysiert und verstanden werden muss.
Vom positivistischen Paradigma (Weltanschauung) ausgehend ist es sinnvoll, Hypothesen zu bilden, die zur empirischen Überprüfung auf das S-O-R Modell bauen. Stimuli (Reize), Einstellung des Käufers (Organismus) und Response (Reaktionen) sind einigermaßen gut zu operationalisieren und damit zu messen. Dabei wird versucht, den Einfluss von intervenierenden Variablen (Störvariablen) so gering wie möglich zu halten.
Positivistische Modelle berücksichtigen allerdings nicht die Möglichkeit der Einwirkung von Faktoren aus menschlichen Verhaltensbereichen wie Emotion und Motivation. Um Käuferverhalten umfassender beschreiben zu können, wird daher zunehmend auch die hermeneutische Sicht bemüht, um ein besseres Verständnis bezüglich möglicher weiterer Einflüsse zu gewinnen. Solche Einflüsse können durch Ziele des Konsumenten bestimmt sein, aber auch durch seine dauerhaften persönlichen Merkmale.
Das Kaufverhalten ist aber nicht nur durch die individuellen Bedingungen und Kaufprozesse des Konsumenten bedingt, sondern auch durch externe Faktoren beeinflusst. Zu letzteren gehören soziale – beispielsweise kulturelle – Faktoren, sodass das Kaufverhalten auch aus globaler Sicht betrachtet werden muss. Eine besondere Rolle nimmt hier die gezielte Ansprache ethnischer Minderheiten (sogenanntes Ethno-Marketing) ein.
Schließlich kann es ein Endkunde sein, der als Käufer auftritt, oder ein Einkäufer einer Organisation, der für zeitgerechte und ausreichende Bereitstellung von Produktions- und Hilfsgütern verantwortlich ist.
Aus dem Obigen ergibt sich eine Einteilung von Käuferverhalten in:
- Individuelle Bedingungen des Kaufverhaltens
- Kaufprozesse
- Externe Einflussfaktoren auf das Kaufverhalten
- Organisatorisches Kaufverhalten
(nach Kuss & Tomczak, 2004).
Nach einer Einführung in die Käuferverhaltensforschung werden diese Punkte einzeln besprochen.