Was versteht man unter Führung und Kommunikation im organisatorischen Wandel?

Zuletzt aktualisiert: 06.04.2023

Wie relevant ist Führungskompetenz
im organisatorischen Wandel
?

Wandel und Veränderungen gehen immer sowohl mit einem sachlich-methodischen Ablauf als auch mit einer emotional-psychologischen Wahrnehmung und Empfindung einher. Vor allem emotionale Wahrnehmung und Empfindung des bevorstehenden Wandels erzeugen die Widerstände. Das Führungsverhalten der Entscheider und Verantwortlichen des organisatorischen Wandels ist entscheidend für die emotional-psychologische Wahrnehmung der Veränderung und daraus resultierend den Erfolg oder Misserfolg der Veränderungsakzeptanz. 

Nachfolgend wird auf Persönlichkeitsmerkmale sowie Führungseigenschaften eingegangen, welche sich im Rahmen von erfolgreichen Veränderungsprozessen bewährt haben. 

Eine Führungskraft, welche als Initiator oder Unterstützer den Wandel erfolgreich begleiten will, muss im Verlauf des Veränderungsprozesses vor allem nachfolgende Rahmenbedingungen schaffen: 

  • Die Bereitschaft zur Veränderung muss bei nahezu allen Organisationsmitgliedern erzeugt werden. Hierfür sind die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Organisationsmitglieder individuell aber auch als Gruppengemeinschaft den Wandel mittragen. 
  • Über den gesamten Zeitraum des Veränderungsprozesses muss eine Orientierungsfunktion vermittelt werden. Es muss hierfür ein vertrauenswürdiges Arbeitsklima geschaffen werden, in welchem Fragen und möglicherweise auch Ängste offen angesprochen werden können. Die Führungskraft hat im Veränderungsprozess diese Fragen und Ängste aufzugreifen und darauf einzugehen. 
  • Der Motivationserhalt über den gesamten Wandelprozess ist eine herausfordernde Aufgabe. Die Führungskraft muss daher die einzelnen Organisationsmitglieder, aber auch die Gesamtgruppe, kontinuierlich inspirieren und motivieren. Das Messen und Aufzeigen von Teilerfolgen ist in diesem Zusammenhang unerlässlich. 
  • Veränderungsprozesse benötigen eine klar strukturierte Planung und Koordination. Die Führungskraft muss daher nicht nur motivieren und inspirieren, sondern darüber hinaus ergänzend auch die Vielzahl an Aufgaben und Maßnahmen zielgerichtet umsetzen und koordinieren.

Das breite Kompetenzspektrum der vier dargestellten Erfolgsfaktoren lässt sich meist in einer Person nicht alleinig wiederfinden. Daher ist es von großer Bedeutung, dass sich jede Führungskraft, welche als Initiator oder Unterstützer im Wandel auftritt, über die eigenen persönlichen Stärken und Schwächen im Klaren ist und jeweils zur Ergänzung bzw. zum Ausgleich Unterstützung heranzieht (extern oder intern). 

Werden die Rahmenbedingungen aufgrund von Fehleinschätzung der Kompetenz oder Bedeutung nicht geschaffen, drohen alle übrigen Bemühungen im Rahmen der Umsetzung des organisatorischen Wandels nur mittelmäßige Ergebnisse zu erzielen oder im schlechtesten Fall zu scheitern. 

Manager versus Leader: Was ist der entscheidende Faktor im Veränderungsprozess?

John P. Kotter hat 1990 in seinem Buch „A Force for Change: How Leadership differs from Management“ die These herausgearbeitet, dass insbesondere im Rahmen von Veränderungsprozessen die Organisation keinen Manager-Typ braucht, sondern den Leader-Typ. Der Unterschied liegt gemäß der These von Potter vor allem darin, dass der Manager-Typ eine Verwaltungsrolle übernimmt, also das Organisieren, Planen und Koordinieren übernimmt. Der Leader-Typ hingegen ist ein Visionär, der es schafft, die Organisation mit Visionen und Kreativität zu inspirieren und zu motivieren. 

Nachfolgende Tabelle stellt die wesentlichen Merkmale eines Managers und eines Leaders gegenüber: 

Manager-TypLeader-Typ
verwalten erhalten imitieren kopieren Status Quo wird akzeptiert und als richtig empfunden bzw. zumindest verteidigt Systeme stehen im Mittelpunkt Vertrauen ist gut, Kontrolle ist wichtiger konzentrieren sich auf kurzfristige Erfolge rational und kontrolliert konzentrieren sich auf die Bilanz machen Dinge richtiginnovieren entwickeln kreieren schaffen Originale hinterfragen den Status Quo fortwährend und kritisch Mensch steht im Mittelpunkt Kontrolle ist gut, Vertrauen ist wichtiger langfristige Erfolge sind erstrebenswert sind begeistert und können begeistern konzentrieren sich auf die Vision  machen die richtigen Dinge

Aus dieser Darstellung wird deutlich, dass die reinen theoretischen Veränderungsmechanismen oftmals nicht ausreichen, erfolgreicher Wandel braucht Leadership. 

Im Rahmen der Debatte um Leader versus Manager gibt es häufig drei Thesen, welche nachfolgend kurz dargestellt werden

These Nr. 1 – „Leader sind bessere Manager“: Leader-Typen sind Visionäre und in der Lage, die Organisationsmitglieder zu begeistern und zu motivieren. Doch mindestens genauso wichtig ist es, insbesondere im Veränderungsprozess, dass Manager-Typen den Ablauf planen, strukturieren und koordinieren. Allein mit Begeisterung und Motivation würden Organisationen schnell im Chaos versinken. Leader und Manager stechen sich nicht aus, sondern ergänzen sich jeweils zum Optimalen.

These Nr. 2 – „Die Idealbesetzung ist ein Manager-Leader“: J.P. Kotter geht in seinem o.g. Buch davon aus, dass niemand gleichzeitig Manager und Leader sein kann. Dies ist zwischenzeitlich in der Praxis widerlegt. Sowohl der Manager als auch der Leader sind zwei typische Führungsfiguren, welche sich in ihren Eigenschaften zwar deutlich voneinander abgrenzen, oftmals in der Praxis jedoch in ein und derselben Person vereint sein können. Die Führungskraft muss sich aber im Klaren darüber sein, welche Rolle sie gerade einnimmt bzw. einnehmen muss.

These Nr 3 – „Leader sind Charismatiker“: Leadership steht in keinem direkten Zusammenhang mit charismatischer Führung. Es ist ein eigenständiger Führungsstil, welcher sich aus der Betrachtung der transaktionalen und transformativen Führung ergibt. 

Transaktionale versus transformative Führung

Die Unterscheidung zwischen Leader und Manager findet sich in der transaktionalen und transformativen Führung wieder. 

Die transaktionale Führung basiert auf der Grundannahme, dass sich die Führungsbeziehung  aus Leistung und Gegenleistung ergibt. Dies bedeutet, dass Führung eine Austauschbeziehung zwischen Geben und Nehmen darstellt. Der Austausch, auch Transaktion, ist das Kernelement der Transaktionalen Führung, welche aus zwei wesentlichen Faktoren besteht: 

  • Leistungsbezogene Belohnung: der Führer gibt Vorgaben, welche die Geführten zu erreichen bemüht sind. Bei Erreichung der Vorgaben werden die Geführten für die Leistung belohnt. 
  • Management by Exception: jegliche Aufgaben ausführender Art werden top-down an untere Hierarchieebenen delegiert. Der Führer greift nur dann in den Erbringungsprozess ein, wenn die Leistungen von den Vorgaben abweichen oder der Geführte ein Eingreifen wünscht. 

Hieraus abgeleitet ergeben sich für eine Führungskraft, welche einen transaktionalen Führungsstil pflegt, folgende Eigenschaften: 

  • Die Führungskraft schafft eine enge Übereinstimmung zwischen ihren Erwartungen an die Organisationsmitglieder und deren Ent-/Belohnung
  • Die Führungskraft interessiert sich für die Wünsche und Erwartungen der Organisationsmitglieder
  • Die Wünsche der Organisationsmitglieder werden seitens der Führungskraft im Austausch gegen Unterstützung und gute Leistungen erfüllt
  • Die Führungskraft wertschätzt gute Leistungen und empfiehlt Organisationsmitglieder mit guten Leistungen auch gerne weiter
  • Die Führungskraft steht im Dialog mit den Organisationsmitgliedern und gibt Feedback zu den erbrachten Leistungen
  • Die Führungskraft greift nur dann ein, wenn die Zielerreichung gefährdet ist.

Der transaktionale Führungsstil sorgt für eine klare Rollenverteilung zwischen Führer und Geführtem und baut auf einem rationalen Nutzenkonzept auf. Der Führer gibt das Ziel vor, der Geführte definiert sich selbst den Weg zum Ziel. Erreicht der Geführte das Ziel, wird er vom Führer entsprechend entlohnt. 

Der Nachteil der transaktionalen Führung liegt in genau diesem rationalen und streng auf das Ziel ausgerichteten Konzept: das subjektive Informationsbedürfnis der Organisationsmitglieder wird nicht berücksichtigt, ebenso wenig geht der Führer auf die Persönlichkeit und Bedürfnisse der Organisationsmitglieder ein. 

Die Führung ist darauf ausgerichtet, effizient das Ziel zu erreichen. Der Wandel sowie das damit notwendige erweiterte Verständnis und Bewusstsein seitens der Organisationsmitglieder werden damit aber nicht herbeigeführt. 

Im Gegensatz zur transaktionalen Führung berücksichtigt die transformative Führung die Werte und Normen der Organisationsmitglieder. Die Wünsche und Bedürfnisse der Organisationsmitglieder werden erfragt und im Führungsprozess mit berücksichtigt. Damit strebt die transformative Führung den Wandel in den Köpfen der Organisationsmitglieder an, um damit eine erhöhte soziale und ökonomische Effizienz zu erzielen. 

Eine Führungskraft, welche den transformativen Führungsstil pflegt, zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus: 

  • Sie ist für die Organisationsmitglieder ein Vorbild in Bezug auf Erfolg und Leistung
  • Sie gibt den Organisationsmitgliedern das Gefühl, nicht nur Arbeit zu leisten, sondern für die Arbeit berufen zu sein
  • Sie schafft eine Zukunftsvision, wodurch sie motiviert und inspiriert
  • Befasst sich mit den Problemen der Organisationsmitglieder und beleuchtet diese aus neuen und unterschiedlichen Perspektiven. Dadurch erweitert sich das Bewusstsein und die Sichtweise der Organisationsmitglieder
  • Durch die Veränderung der Sichtweise ermöglicht die Führungskraft den Organisationsmitgliedern einen neuen Umgang mit Problemen. 
  • Bindet die Organisationsmitglieder aktiv in die Zieldefinition und Herbeiführung von Lösungen mit ein
  • Zeigt dadurch den Organisationsmitgliedern auf, warum sie was und wie erledigen müssen. Sie schafft Handlungsbewusstsein. 
  • Sie wechselt die Arbeitseinstellung und geistige Haltung: Probleme sind Herausforderungen und Chancen
  • Steht als Berater zur Seite, gibt aber nur wenig vor. Dadurch wird ein Vertrauensverhältnis zwischen Führer und Geführtem aufgebaut, in welchem der Geführte sehr viel Eigenverantwortung und Eigeninitiative einbringen kann. 

Der transformative Führungsstil betont die emotionale Ebene. Aufgrund der intensiven Kommunikation und dem Austausch wird die Sinnhaftigkeit der Veränderung an die Organisationsmitglieder vermittelt. 

Die Führungskraft versetzt die Organisationsmitglieder in die Lage, sich den Herausforderungen des Wandels zu stellen, die notwendigen Fähigkeiten zu entwickeln und dadurch den Wandel aktiv mitzugestalten. Die Einstellungen und das Arbeitsverhalten werden „verwandelt“. 

Ein bekanntes Beispiel für den transformativen Führungsstil: 

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer“.

Das Führungsmodell der transaktionalen Führung ist darauf ausgerichtet, „Dinge richtig zu tun“. Dem gegenüber steht die transformative Führung, welche sich darauf konzentriert, „die richtigen Dinge zu tun“. Die transformative Führung hat die langfristige Anpassung der Organisation an die Veränderung der Rahmenbedingungen im Fokus. 

Transaktionale und transformative Führung im organisatorischen Wandel

Transaktionale und transformative Führung im organisatorischen Wandel

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