Welche Aufgaben und Regeln der Kommunikation im Rahmen von Veränderungsprozessen gibt es?

Zuletzt aktualisiert: 15.02.2024

Führung besteht zum größten Teil aus Kommunikation. Im Rahmen von Veränderungsprozessen wird der Kommunikation eine ebenso entscheidende Rolle zugeschrieben: Kommunikation alleine reicht zwar nicht aus, um Veränderungsprozesse erfolgreich zu bewältigen, aber ohne Kommunikation kann der organisatorische Wandel weder initiiert noch können die Prozesse durchgeführt werden. 

Kommunikation ist daher eine Art Katalysator für den Wandelprozess und erfüllt vorrangig nachfolgende Aufgaben: 

  1. Weitergabe von Information und Schaffung von Transparenz: um einen Veränderungsprozess zu initiieren, muss zuerst innerhalb der Organisation das Bewusstsein über Notwendigkeit und Zielsetzung geschaffen werden. Hierzu müssen zielgruppengerecht alle notwendigen Informationen vorab kommuniziert werden. Im weiteren Verlauf des Veränderungsprozesses schafft die Kommunikation Transparenz in Bezug auf den aktuellen Stand und die Entwicklung der Veränderung bzw. Erreichung von Zwischenzielen.
  2. Unterstützung beim Abbau von Widerständen: In sehr vielen Fällen entsteht Widerstand aufgrund von mangelnder Kommunikation. Organisationsmitglieder sehen oder verstehen notwendige Zusammenhänge nicht und lehnen daher den bevorstehenden Wandel ab. In solchen Situationen unterstützt die Kommunikation mit Information und Erklärung den Abbau von Widerständen. 
  3. Unterstützung des Wandels durch Feedback: Der Kommunikationsprozess im Rahmen von Veränderungen ist keine Einbahnstraße, sondern muss in beide Richtungen reibungslos funktionieren: so wichtig die Information und Kommunikation von Initiatoren des Wandels an die Organisationsmitglieder ist, genauso wichtig ist die Kommunikation von den Organisationsmitgliedern an die Initiatoren. Durch deren konstruktive Beiträge zur Veränderung kann der Gesamtprozess zusätzlich noch mit Erfahrung und Know-how bereichert werden. 
  4. Unterstützt die soziale Integration: Veränderungen führen häufig zu Zusammentreffen und Zusammenarbeiten von bislang wechselseitig fremden Menschen. Die Kommunikation fördert das Kennenlernen und die soziale Integration zu einer neuen Gemeinschaft. 

Damit die Kommunikation zum Katalysator des Wandels werden kann, müssen nachfolgende Kommunikationsregeln beachtet werden: 

  • Die Kommunikation sollte, insbesondere im Rahmen von Veränderungsprozessen, zielgruppenorientiert erfolgen. Dies betrifft sowohl die sprachliche Formulierung als auch den Inhalt. Inhaltlich müssen die Punkte angesprochen, bzw. Fragestellungen beantwortet werden, welche für die jeweilige Zielgruppe von Interesse sind. Sprachlich muss im Sinne der Verständlichkeit eine klare Formulierung im Sprachstil der jeweiligen Zielgruppe gewählt werden. Bildhafte Analogien unterstützen die sprachliche Verständlichkeit. 
  • Das persönliche Gespräch ist einem anderen Kommunikationskanal stets vorzuziehen. Der persönliche Dialog ermöglicht es, auf Fragen oder Anmerkungen direkt einzugehen, konstruktive Anregungen aufzugreifen bzw. Missverständnisse und daraus resultierende Widerstände frühzeitig zu klären. Zusätzlich zum besseren inhaltlichen Verständnis schafft das persönliche Gespräch auch eine Atmosphäre der Wertschätzung und des Vertrauens. 
  • Bei bevorstehenden Veränderungen ist es von außerordentlicher Bedeutung, die Informationen zeitnah und möglichst zeitgleich an alle Betroffenen zu kommunizieren. Aus rechtlichen Gründen mag das nicht immer umsetzbar sein. Das Risiko von Gerüchtebildung sollte so gering wie möglich gehalten werden, da in Gerüchten die Situation oftmals viel schlimmer bzw. übertrieben dargestellt wird. Es ist wichtig, von Beginn an mit offenen Karten zu spielen statt im Nachhinein gegen Gerüchte und Unwahrheiten anzukämpfen. Zeitnahe und zeitgleiche Information ist gleichzeitig auch eine Form der Wertschätzung gegenüber den Organisationsmitgliedern. 
  • Die kontinuierliche Aufrechterhaltung der Kommunikation über den gesamten Prozessverlauf ist von großer Bedeutung. In der Praxis ist oft eine hohe Kommunikationseuphorie zu Beginn der Veränderungsprozesse festzustellen, welche dann aber im weiteren Verlauf nachlässt. Die kontinuierliche Aufrechterhaltung der Kommunikation, insbesondere in Bezug auf den aktuellen Stand und erreichte Erfolge fördert und unterstützt die Veränderungs- und Unterstützungsmotivation der Organisation.

Abhängig von der Phase des Veränderungsprozesses sollen sowohl die Kommunikationsinhalte als auch die Kommunikationswege unterschiedlich gewählt werden: 

In der Startphase der Veränderung steht bei jeglicher Form der Kommunikation die Start- und Zielmotivation im Mittelpunkt. Dies bedeutet, dass vor allem Hintergründe und die Dringlichkeit des bevorstehenden Wandels sowie die Vision und Zielsetzung des Wandels die Kommunikationsinhalte bilden. In der Startphase sollten auch die erwarteten Veränderungen und eventuell auftretende Schwierigkeiten offen angesprochen werden. Je offener die Kommunikation, je größer die Transparenz und Deutlichkeit, umso höher ist die Chance, dass die Veränderungen akzeptiert und mitgetragen werden. 

In der Startphase ist es wichtig, dass eine möglichst „symmetrische, hochrangige und zeitnahe Kommunikation“ erfolgt. Dies bedeutet, dass die Kommunikation zu Beginn von der hochrangigsten Einheit der Organisation ausgehen sollte, z.B. Geschäftsführung oder Vorstand. Wenn der anstehende Wandel, die verursachenden Gründe, die bevorstehenden Schwierigkeiten und das angestrebte Ziel von der Unternehmensspitze verkündet werden, so zeigt dies zum einen die Ernsthaftigkeit, aber zum anderen auch die Wertschätzung, welche den Organisationsmitgliedern entgegengebracht wird. Die Unternehmensspitze darf sich in dieser entscheidenden Phase des Wandels nicht scheuen, in den direkten Dialog mit den Organisationsmitgliedern zu treten. 

Wird für den Kommunikationsprozess in der Startphase eine mediale Form gewählt, so sollte nach Möglichkeit darauf geachtet werden, dass eine Kommunikationsform gewählt wird, welche dem persönlichen Gespräch am nächsten kommt. Die Glaubwürdigkeit der Information transportiert sich nicht nur in Inhalt, sondern auch in den analogen Faktoren Mimik, Gestik, Körpersprache, Ausdruck etc. Daher sind bildunterstützte Kommunikationsprozesse zu bevorzugen. 

Die Kommunikation in der Startphase dient auch dazu, die Betroffenen zu aktiv Beteiligten zu machen. Workshop-ähnliche Gesprächsrunden fördern das Engagement und die Beteiligung der Organisationsmitglieder. Sie können sich mit der Problematik vertraut machen und die Situation mit ihrer Erfahrung und ihrem Know-how mitgestalten. Dadurch wird Widerständen vorgebeugt und die Veränderungsprozesse werden gegebenenfalls durch die erweiterte Beteiligung effizienter vorangetrieben. 

In der Phase der Durchführung steht die Aufrechterhaltung der Motivation im Mittelpunkt der Kommunikationsplanung. Um die Veränderungsmotivation aufrechtzuerhalten, muss regelmäßig über erzielte Fortschritte, Ergebnisse und Erfolge berichtet werden. Die Organisationsmitglieder müssen in dieser Phase kontinuierlich informiert gehalten werden, um die Sicherheit zu haben, dass der Wandel zum Ziel führt. Mögliche Gestaltungsmethoden hierfür sind Informationsveranstaltungen, Newsletter, Intranet oder Aushänge, an welchen klar und deutlich der aktuelle Stand, die erzielten Erfolge, gegebenenfalls auch Rückschläge und vor allem die verbleibenden Maßnahmen bis zur Zielerreichung aufgezeigt werden.

Eine andauernde Kommunikation in Bezug auf den Veränderungsprozess und die zwischenzeitlich erzielten Erfolge hilft auch, die neuen Ansätze, die Veränderungen (Verhalten, Methoden, etc.) in der Unternehmenskultur zu verankern. Indem darüber gesprochen wird, schafft es gemeinschaftliches Bewusstsein und Verständnis sowie dadurch den Transfer in das tägliche Arbeitsleben.

Kommunikation in den Phasen der Veränderung
Kommunikation in den Phasen der Veränderung

Was ist eine zentrale Herausforderung im Umgang mit Veränderungsprozessen?

Eine der zentralen Herausforderungen in Veränderungsprozessen ist der erfolgreiche Umgang in Bezug auf Abbau und Überwinden von Widerständen. Werden Widerstände nicht beachtet, breiten sich diese in der Regel innerhalb der Organisation aus und können zu einem maßgeblichen Hindernis in der Entwicklung und dem Fortschritt des Prozesses werden. 

Grundsätzlich muss der Umgang mit Widerständen immer analytisch und konstruktiv erfolgen. Vorurteile bzw. Vorwürfe bringen im Umgang mit Widerständen nicht viel. Vielmehr muss eine Position der Offenheit eingenommen werden, aus welcher erst einmal die Gründe bzw. Ursachen des Widerstands untersucht (analysiert) werden sollen. Die Analyse der Widerstände kann am besten im direkten und persönlichen Dialog mit den betroffenen Organisationsmitgliedern erfolgen. Die Kernfragen dabei sind: 

  • Welches sind die Bedürfnisse und Interessen der Betroffenen? Welches Anliegen in Bezug auf die Veränderung haben sie? Was ist ihnen im Rahmen der Veränderung besonders wichtig?
  • Was sollte aus Sicht der Betroffenen unbedingt vermieden werden? Welche Befürchtungen aber auch welche Chancen sehen die Betroffenen in der Veränderung? 
  • Wie würden die Betroffenen vorgehen? Welche Alternativen sehen die Betroffenen in Bezug auf die Ursachen und Ziele des Wandels? 

Diese konkrete Fragestellung signalisiert die Bereitschaft, offen auf Vorschläge und Meinungen der Organisationsmitglieder einzugehen. Sie schaffen eine Atmosphäre des konstruktiven Dialogs anstelle von gegenseitigen Vorwürfen oder Rechtfertigungen. Die Organisationsmitglieder können im Rahmen dieser Kernfragen ihr kreatives Potenzial bzw. Erfahrung und Know-how in Bezug auf die Gestaltung des Veränderungsprozesses mit einbringen. Falsche Erwartungen oder Voraussetzungen können durch den konstruktiven Dialog sofort konkret besprochen und beseitigt werden. 

Zusätzlich zu den typischen Kommunikations- und Gesprächsregeln (z.B. Mitarbeitergespräch) gelten für kritische Gespräche zur Überwindung bzw. Abbau von Widerständen noch einige ergänzende Regeln. Grundsätzlich muss im Umgang mit Widerständen immer eine analytisch-konstruktive Gesprächsebene angestrebt werden. Eine Bearbeitung der Widerstände auf emotionaler Ebene führt zu keinem positiven Ergebnis, nur die sachliche Herangehensweise an den Konflikt kann zu einer für beide Seiten zufriedenstellenden Lösung führen. 

Im Rahmen von Konfliktbewältigung bzw. -gesprächen gibt es drei Grundmodelle: 

  1. Ich gewinne, du verlierst
  2. Du gewinnst, ich verliere
  3. Jeder gewinnt (Win-Win-Situation)

Die Win-Win-Situation ist die geeignetste Methode, insbesondere im Prozess des organisatorischen Wandels. Nur wenn auf beiden Seiten der Erfolg der Veränderung spür- und sichtbar wird, entsteht die Bereitschaft zur Akzeptanz und Mitgestaltung der Veränderung. 

Um das Win-Win-Modell umzusetzen, gibt es zusätzliche Kommunikationsregeln, welche ergänzend zu den typischen Gesprächsregeln zu beachten sind. Diese zusätzlichen Regeln dienen vor allem dazu, den notwendigen konstruktiven und offenen Dialog herzustellen. Nachfolgend beschriebene Gesprächshaltungen sollten, im Idealfall Sender und Empfänger, in der Realität aber auf jeden Fall die betroffene Führungskraft/für die Veränderung verantwortliche Person einnehmen: 

  1. Aufnahmebereit sein: die Führungskraft sollte in der Lage sein, sich in die Lage des Gegenübers hineinzuversetzen, um daraus seine Situation und damit verbundene Einwände, Befürchtungen und Ängste zu verstehen. Diese Fähigkeit bezeichnet man auch als Empathie und ist Bestandteil der Emotionalen Intelligenz. Eine empathische Führungskraft ist in der Lage, sich von der eigenen Situation bzw. Erfahrung zu lösen und die Situation bzw. Gegebenheit aus der Sicht des Mitarbeiters zu sehen. Aus dieser Perspektive lassen sich Einwände und Widerstände leichter verstehen und gemeinsame Lösungsansätze entwickeln. 
  2. Sendebereit sein: Insbesondere im Umgang mit Widerständen sollten beide Gesprächsparteien Vorwürfe vermeiden, denn diese führen in keinster Weise zu einer Lösung der Situation, sondern sorgen lediglich für die Eskalation der Situation. Statt Vorwürfe muss eine offene Gesprächsatmosphäre geschaffen werden, in der beide Parteien klar und deutlich die Anliegen und Wünsche ansprechen können. Die Formulierung der jeweiligen Wunschsituation schafft den Einstig in den konstruktiven Dialog. 
  3. Empfangsbereitschaft erzeugen: die Formulierung von Wünschen statt Vorwürfen baut auf der Empfängerseite Blockaden ab, die Abwehrhaltung wird reduziert. Zusätzlich kann die Empfangsbereitschaft noch durch die Formulierung von Ich-Botschaften unterstützt werden. Die Formulierung von Ich-Botschaften impliziert, dass alle Wahrnehmungen oder Bewertungen des Gegenübers aus einer subjektiven Perspektive geäußert werden. (z.B. Ich nehme wahr, dass Sie…) Diese Formulierung ermöglicht der Gegenseite den Einstieg in einen konstruktiven Dialog, statt gleich mit Abwehr oder Rechtfertigung zu reagieren. 
  4. Sendebereitschaft erzeugen: Mit den Ich-Botschaften wird in der Regel bereits eine Gesprächsatmosphäre geschaffen, in welcher sich der Gesprächspartner von selbst mit einbringt. Diese Sendebereitschaft wird durch die Technik des aktiven Zuhörens noch weiter unterstützt. Aktives Zuhören umfasst nicht nur das eigentliche Hören, sondern vielmehr auch die Bemühung, das Gesagte auch wirklich zu verstehen. Dies beinhaltet sowohl den Ausdruck der Aufmerksamkeit und Konzentration in Form der Körpersprache, Mimik und Gestik. Die Aufmerksamkeit wird aber auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass man gezielt nachfragt und am Ende das Gesagte mit eigenen Worten nochmals zusammenfasst. Das aktive Zuhören soll sicherstellen, dass sowohl Sender als auch Empfänger das gleiche Verständnis über die getroffenen Aussagen haben. 

Selbstverständlich reichen aktives Zuhören bzw. Ich-Botschaften nicht aus, um den emotionalen Widerstand direkt zu beheben. Aber es sind zweifelsohne Techniken, welche zur Deeskalation beitragen und damit den Grundstein zum erfolgreichen Umgang mit Widerständen legen. 

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