Was ist wichtig bei der Kommunikation und dem Verhalten im multikulturellen Team?

Zuletzt aktualisiert: 07.10.2022

In unserem Alltag verläuft Kommunikation scheinbar selbstverständlich und auch meist unproblematisch. Erst Missverständnisse und Misserfolge, deren Grund man in der Kommunikation vermutet oder mit dieser in Zusammenhang bringt, führen zu einer gezielten Thematisierung des Kommunikationsverhaltens. Jetzt wird hinterfragt, wie Kommunikation abläuft, welche Kriterien es für eine erfolgreiche Kommunikation gibt und ob sich konkrete Handlungsanweisungen ableiten lassen.

Die menschliche Kommunikation ist prinzipiell einfach zu erklären. Es gibt einen Sender, der seine Nachricht in spezifischen, jedoch erkennbaren Zeichen verschickt, er codiert sie. Der Empfänger entschlüsselt diesen Code innerhalb seiner Möglichkeiten und es findet eine gewisse Verständigung statt, sofern der Empfänger die gleichen Codes im Repertoire hat. Nun können Sender und Empfänger auch die Qualität der Verständigung überprüfen, indem der Empfänger zurückmeldet, wie er die Nachricht entschlüsselt hat. Also wie sie bei ihm angekommen ist und was sie bei ihm bewirkt hat. Damit kann der Sender überprüfen, ob seine Sende-Absicht mit dem Empfangs-Resultat übereinstimmt. Eine solche Rückmeldung heißt auch Feedback.

Sender-Empfänger-Modell
Sender-Empfänger-Modell

Manchmal können Informationen nicht verbal kommuniziert werden, da man z. B. die Landessprache nicht spricht, und so versucht man durch Gesten beim Anderen eine Vorstellung in verkörperter Form, also ein Bild zu erzeugen. Am ehesten beobachtet man dies bei Touristen, die sich nach einem bestimmten Bauwerk erkundigen. 

Ebenso können Emotionen mit Hilfe der Gestik oder der Stimmlage übermittelt werden, welche mit dem rein gesprochenen Wort nicht vermittelt wären. Dies kann sowohl absichtlich als auch unabsichtlich geschehen. Menschen sind in erster Linie emotional und dies gilt auch für die Kommunikation. Sie ist daher weder objektiv noch neutral. Die Sinnesorgane dienen der Aufnahme der Informationen, das Gehirn wird zu deren Verarbeitung benutzt. Dabei ist jede Information immer auch mit Erinnerungen, Erfahrungen, Gefühlen und Werten verbunden und somit auch mit unserem kulturellen Hintergrund. Diese ganz persönlichen Anteile des Einzelnen bestimmen, wie er Informationen aufnimmt, wie er denkt und wie er handelt.

Menschen kommunizieren immer und ständig und überall. „Man kann nicht nicht kommunizieren“, sagt Paul Watzlawick. Die bewussteste Kommunikationsform ist die verbale, sie ist jedoch nicht die einzige. Im Allgemeinen unterscheidet man vier verschiedene Ebenen der Kommunikation, die hier besprochen werden sollen.

Verbale Kommunikation

In der verbalen Kommunikation zwischen Personen kann es aus verschiedenen Gründen zu Missverständnissen kommen, im einfachsten Fall verwenden Kommunikationspartner nicht denselben Wortschatz und verstehen demzufolge die Sprache des anderen nicht in dem erforderlichen Maße. 

Kulturspezifische Kommunikation drückt sich auch in sprachlichen Äußerungen aus, z.B. Feststellungen, Aufforderungen, Behauptungen, Versprechungen, Angebote, Lob und Kritik. Dabei variiert je nach Kultur die Häufigkeit.

Para-verbale Kommunikation

Unterschiede in der para-verbalen Kommunikation sind ebenso schwer zu identifizieren wie vielgestaltig. Hierunter fallen zum einen die Typographie, die Interpunktion und auch die Schreibweise. Genauso sind unterschiedliche Gewohnheiten bei der Anordnung von Bildelementen innerhalb eines Textes zu beobachten. 

Zur para-verbalen Kommunikation gehören aber auch der Umgang mit der Lautstärke, der Stimmlage und der Tonhöhe während des Sprechens. Ebenso spielen der Sprechrhythmus, die Häufigkeit und Platzierung von Pausen oder die Sprechgeschwindigkeit des Redners eine Rolle.

Non-verbale Kommunikation

Die Wurzeln menschlicher Kommunikation liegen im nichtsprachlichen Verhalten, dem Gesichtsausdruck und in der Körpersprache. Die non-verbale Kommunikation ist die älteste Form zwischenmenschlicher Verständigung und war bereits erfolgreich lange bevor der Mensch das erste Wort geäußert hat.

Mit Mimik und Gestik zeigen wir unsere Gefühle, die Stimmung zwischen Bedürfnis und Befriedigung. Menschliches Sozialverhalten ist nicht ohne Berücksichtigung des nonverbalen Systems zu verstehen. Der menschliche Körper spricht auch dann, wenn die Menschen nicht verbal kommunizieren. Er ist niemals stumm und der Eindruck, den die Körpersprache macht, ist oft sehr mächtig.

Der Mensch drückt mit seiner Mimik Emotionen aus und da es sich dabei um genetische Dispositionen handelt, könnte man meinen, dass Gefühle relativ kulturunabhängig sind. Kulturell geprägte „Emotionsregeln“ entscheiden darüber, welche Emotionen in welchen Situationen empfunden und in welcher Weise sie angemessen geäußert werden. Mimik ist demnach eine sozialisierte Reaktion auf kulturelle Konventionen. 

Extra-verbale Kommunikation

Kulturspezifische Unterschiede in der extra-verbalen Kommunikation werden im sogenannten Raumverhalten sichtbar. Kulturen haben ein sehr unterschiedliches Verständnis dafür, wo privater Raum beginnt und wo öffentlicher Raum endet.

Wenn es um den körperlichen Abstand zwischen Gesprächspartnern geht, finden sich ebenfalls kulturelle, auf den Raum bezogene Unterschiede.

Für den Projektleiter wird im Vorfeld eines Projektes zu klären sein, welche kulturell motivierten Verhaltensweisen die Projektarbeit nachhaltig beeinflussen können und welche Konsequenzen diese haben. 

Die freiwillige Akzeptanz der Autorität des Projektleiters wird beispielsweise beeinflusst von der kulturellen Dimension Machtdistanz. Teammitglieder aus Kulturen mit großer Machtdistanz erkennen den Projektleiter als „Boss“ an, sie ordnen sich seinen Wünschen unter und erwarten nicht, dass man sie nach ihre Meinung fragt. Allerdings erwarten sie von einem „Leader“, dass er die Aufgaben verteilt und klare Anweisungen gibt. Eigeninitiative und Eigenverantwortung werden nicht übernommen.

Ihre Kollegen aus Kulturen mit geringer Machtdistanz erwarten etwas anderes von ihrem Vorgesetzten. Sie möchten ihre Meinung kundtun und gefragt werden. Sie sehen im Projektleiter denjenigen, der die Fäden in der Hand hält, sich selbst sehen sie fast auf Augenhöhe mit ihm, die Hierarchie ist nahezu „in einer Linie“. Dafür übernehmen sie von selbst Verantwortung.

Für den Projektleiter eines solchen Teams bedeutet dies, die Balance zu finden, einerseits genügend Raum für Mitsprache zu geben, alle immer wieder dazu aufzufordern und andererseits klare direkte Anweisungen zu geben, Aufgaben und Verantwortungen zuzuteilen. Wichtig ist, dass sich die Mitglieder mit hoher Machtdistanz nicht alleingelassen fühlen oder durch den erweiterten Freiraum überfordert und die Mitglieder mit geringer Machtdistanz trotz möglicher Einengung nicht die Motivation verlieren.

Das soziale Bindungskonzept beeinflusst ebenfalls das Verhalten der Projektmitglieder. Ist die soziale Struktur der Teammitglieder kollektiv ausgeprägt, möchten diese Sachverhalte solange diskutieren, bis ein Konsens gefunden wurde. Danach entscheidet die Gruppe gemeinsam. Das Wohl der Gruppe steht über dem des Einzelnen, man nimmt sich selbst zurück.

Kollegen aus individuell geprägten Strukturen hingegen schätzen die Diskussion, möchten aber, dass ein Einzelner entscheidet, nämlich der Projektleiter. Bei den Diskussionen ist es für sie wichtiger, ihre eigenen Ziele zu erreichen, als die der Gruppe. Kompromisse eingehen zu müssen empfinden sie oft als Niederlage.

Der Projektleiter steht hier vor der Herausforderung, immer wieder den Nutzen der Zielerreichung sowohl für den Einzelnen als auch für die Gruppe so darzustellen, dass sich die Mitarbeit für alle lohnt. Bei Diskussionen empfiehlt es sich, die Zeit zur Entscheidungsfindung großzügig zu bemessen, ohne die Diskussion ausufern zu lassen. Sind alle Argumente vorgebracht und wurden in der Gruppe abgewogen, kann eine rasche und klare Entscheidung erfolgen, die in dieser Teamzusammensetzung der Teamleiter trifft. 

Der unterschiedliche Umgang mit Terminen und das zugrunde liegende Zeitverständnis können den Projektverlauf deutlich beeinflussen. Für Teammitglieder mit monochromem Zeitverständnis ist Zeit Geld. Sie arbeiten die geplanten, ihnen übertragenen Aufgaben in der vorgegebenen Zeit hintereinander ab. Für die Planung der eigenen Arbeit ist der Terminkalender maßgebend.

Meetings sind dazu da, um die wesentlichen und wichtigen Punkte und Themen konzentriert und zielorientiert zu bearbeiten. In der Abfolge der Themen fühlt man sich an die Agenda gebunden. Die persönlichen Bedürfnisse der Einzelnen sowie eine persönlichere Beziehung zum Teampartner interessieren nicht. 

Werden Herangehensweisen an Problemstellungen oder Arbeitsabläufe modifiziert, so ist dies ohne große Übergangszeit möglich. Man kann sich schnell umstellen und eine gewünschte Veränderung erreichen.

Projektmitglieder, die die Zeit polychronisch verstehen, für die ist Zeit Gold statt Geld. Die gestellten Aufgaben werden parallel bearbeitet, wobei die Termineinhaltung ein eher schwieriges Thema darstellt. In der Planung der eigenen Arbeitsabläufe ist man sehr flexibel, Prioritäten werden öfters neu vergeben.

In Meetings ist ein Festhalten an einer vergebenen Agenda schwierig, die Bedürfnisse der einzelnen Teammitglieder sind wichtiger und werden gerne in den Vordergrund gestellt, da man an einer Beziehung zu den anderen Gruppenmitgliedern interessiert ist.

Aufgabenstellungen oder Rollen innerhalb des Teams kurzfristig zu ändern ist schwer möglich, die Umstellung auf Neues braucht Zeit.

Für den Projektleiter bedeutet dies in der Planung und Terminvergabe entsprechend Puffer einzubauen, damit die Endtermine gehalten werden können.

Er muss immer wieder die Wichtigkeit des Projektes und der Arbeit für sich und für andere betonen, um alle motiviert auf das Thema zu fokussieren. Ablenkungen sollte er zeitnah begegnen, da ihm sonst die monochronistischen Teammitglieder abspringen.

Betrachtet man den Kommunikations- und Informationsstil der Kulturen, ergeben sich ebenfalls Unterschiede. Mitglieder im Team, die aus einer individualistischen Kultur stammen, stellen in ihrer Kommunikation gerne die Sache in den Mittelpunkt. Ihre Sprache ist, offen, direkt und sachbezogen; sie wollen eine Sache „rüberbringen“ und „meinen, was sie sagen“. Informationen werden kurz und klar weitergegeben und auf objektive Fakten reduziert. Konflikte werden offen ausgetragen und gelöst. Sie wirken in ihrem Sprachstil dynamisch und zupackend.

Die kollektiv ausgerichteten Teamkollegen stellen die Person in den Mittelpunkt, ihre Sprache ist höflich und indirekt. Sie möchten zu ihrem Gegenüber eine Beziehung aufbauen und „meinen das, was der andere in der Lage ist zu verstehen“. Informationen werden im Kontext der Umstände weitergegeben und Konflikte diplomatisch bereinigt. Der Sprachstil wirkt eher ruhig und abwartend.

Die Kommunikation zwischen allen Beteiligten erfolgreich zu gestalten, ist die schwierigste Aufgabe des Projektleiters. Von ihrem Gelingen hängt der Erfolg des Projektes ab. Hat man Mitglieder beider Ausprägungen im Team, so ist eine regelmäßige aktive Kommunikation mit allen Pflicht. Hierbei sollte es sich immer um eine Zwei-Wege-Kommunikation, einen Dialog, handeln; das bedeutet, Feedback-Schlaufen in beide Richtungen müssen berücksichtigt werden. 

Austausch und Verständnis für den jeweiligen Anderen sichert den Erfolg des Projektes, denn auch die möglichen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit auf Grund der vorgenannten kulturellen Einflussgrößen können nur über Kommunikation ausgeräumt werden.

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