Was ist der Vertragsschluss?

Zuletzt aktualisiert: 27.04.2023

Die §§ 145 ff. BGB enthalten die allgemeinen Vorschriften zum Vertrag. Da sich diese Paragrafen im Buch 1 des BGB befinden, sind die enthaltenen Regelungen für alle Typen von Verträgen zunächst gleichermaßen gültig.

Ein Vertrag entsteht durch zwei aufeinander bezogene, inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot bzw. Antrag und Annahme genannt, zustande, die in der Regel von zwei Personen abgegeben werden

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Was ist das Angebot?

Das Angebot (bzw. auch Antrag genannt, vgl. § 145 BGB) stellt eine empfangsbedürftige Willenserklärung dar, mit sich die erklärende Person mit dem Ziel, einen Vertragsschluss herbeizuführen, an einen anderen wendet und dabei die zukünftigen Vertragsbedingungen in der Art konkret benennt, dass die andere Seite den Vertrag lediglich durch ein „Ja“ (bzw. durch konkludentes, also schlüssiges, Verhalten) entstehen lassen kann.

Gem. § 145 BGB ist derjenige, der einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, an das Angebot gebunden, es sei denn, diese Gebundenheit wurde explizit ausgeschlossen. Das bedeutet, dass der Antragende, nachdem seine Willenserklärung zugegangen und wirksam geworden ist, seine Erklärung weder widerrufen noch den Erklärungsinhalt einseitig ändern kann. Nur der Erklärungsempfänger kann nun darüber entscheiden, ob er den Vertrag per Annahmeerklärung zustande kommen lassen oder nicht annehmen will.

Um ein Angebot lediglich durch ein bloßes „Ja“ annehmen zu können, muss dieses hinreichend bestimmt sein. Das heißt, es müssen alle regelungsbedürftigen Punkte geklärt sein. 

Zu diesen regelungsbedürftigen Punkten hinsichtlich eines Vertragsschlusses gehören daher:

  • Vertragsparteien
    (allerdings kann ein Angebot auch an nicht bestimmte Personen gerichtet sein; z. B. Getränkeautomat, hier ist es dem Anbietenden egal, mit wem er den Vertrag schließt)
  • Vertragsgegenstand und Gegenleistung
    (z. B. Kaufgegenstand und i. d. R. Preis)
  • Vertragstyp
    (z. B. Kaufvertrag, Mietvertrag)

Natürlich können die Parteien auch weitere Punkte regeln, wie z. B. den Leistungsort oder die Leistungszeit. In der Regel kann durch die Angabe des Vertragsgegenstands (der Leistung) und der Gegenleistung bereits auf einen bestimmten Vertragstyp (z. B. Mietvertrag) geschlossen werden.

Im Zweifel ist durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, ob ein verbindliches Angebot abgegeben wurde. Hierbei ist dann maßgebend, ob der Antragende einen entsprechenden Bindungswillen hatte, der auch vom der anderen Seite als solcher erkannt werden konnte.

Das (verbindliche) Angebot ist von der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (invitatio ad offerendum) abzugrenzen, welche keine Willenserklärung darstellt. Während beim Angebot der Rechtsfolgewille vorhanden ist, ist dieser bei der bloßen Aufforderung zur Abgabe eines Angebots nicht vorhanden.

Beispiele

  • Anzeigen in einer Tageszeitung
  • Auslagen in einem Schaufenster
  • Zusendung von Katalogen oder Preislisten

In diesem Fällen fehlt es regelmäßig am Rechtsfolgewillen. Die Adressaten werden lediglich dazu aufgefordert, ihrerseits ein Angebot abzugeben. Wäre beispielsweise die Werbeanzeige über einen Computer zum Preis von 699,- € bereits ein Angebot des Computerhändlers, dann läge es alleine in der Macht der Adressaten einen Vertrag durch Annahme entstehen zu lassen. Dies kann jedoch nicht im Sinne des Händlers sein, weil er möglicherweise so viele Geräte nicht ausliefern könnte. 

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Was ist die Annahme?

Die Annahme ist eine Willenserklärung, mit der sich diejenige Person, der ein Angebot unterbreitet wurde, mit dem Inhalt des Antrags einverstanden erklärt. Mit der Annahmeerklärung kommt der gewünschte Vertrag zwischen dem Antragenden und dem Annehmenden zustande.

Wird die Annahme jedoch nur unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen erklärt, dann gilt dies gem. § 159 Abs. 2 BGB als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag, den der ursprünglich Antragende nun seinerseits annehmen oder ablehnen kann.

Beispiel:
A bietet B seinen gebrauchten Pkw, wie er vor ihnen steht, zum Preis von 4.500,- € an. B nimmt das Angebot an. Er will aber, dass der Wagen eine neue TÜV-Plakette erhält und nur 4.000,- € bezahlen. Nur wenn A diese Änderungen des ursprünglichen Vertragsangebots nun seinerseits annimmt, kommt der Kaufvertrag zustande.

Ein Angebot kann nur solange angenommen werden, solange die Bindungswirkung des Angebots besteht. § 147 BGB regelt die Annahmefrist, wenn ein Angebot vorliegt. Dabei ist wiederum zwischen der Anwesenheit und der Abwesenheit des Antragsempfängers zu unterscheiden. Gem. § 147 Abs. 1 S. 1 BGB kann der einem Anwesenden gemachte Antrag nur sofort angenommen werden. Gem. Satz 2 gilt dies auch, wenn der Antrag mittels eines Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemacht wurde. Wird das Angebot dagegen einem Abwesenden gemacht, dann kann dieser Antrag gem. § 147 Abs. 2 BGB nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Dies hat zur Folge, dass ein Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 BGB rechtzeitig angenommen wird (§ 146 BGB). 

§ 147 Abs. 2 BGB spricht davon, dass der Antragende die Annahme nur solange erwarten darf, wie es „unter regelmäßigen Umständen“ erwartet werden kann. Das bedeutet, wählt der Antragende einen schnellen Weg für die Übermittlung (z. B. Fax statt Brief) darf er i. d. R. davon ausgehen, dass der Erklärungsempfänger ebenfalls ein gleich schnelles Nachrichtenmedium verwendet.

Der Antragende kann auch eine Frist setzen, mit der Folge, dass die Annahme gem. § 148 BGB nur innerhalb dieser Frist erfolgen kann. Wird das Angebot danach nicht innerhalb dieser Frist angenommen, dann gilt eine danach getätigte Annahme als verspätet. Eine verspätete Annahme kann aber nicht mehr zum Vertragsschluss führen, weil das Angebot durch Fristablauf bereits erloschen ist. Allerdings regelt § 150 Abs. 1 BGB für einen solchen Fall, dass eine verspätete Annahme eines Antrags als neuer Antrag gilt, der dann durch den ursprünglich Antragenden seinerseits noch angenommen werden kann.

Die verspätet zugegangene Annahmeerklärung ist als Sonderfall in § 149 BGB geregelt. Ist eine dem Antragenden verspätet zugegangene Annahmeerklärung so abgesendet worden, dass sie dem Antragenden bei regelmäßiger Beförderung rechtzeitig hätte zugehen und hätte der Antragende dies erkennen müssen, dann tritt ein sog. Schwebezustand ein. Dieser Zustand kann wie folgt beendet werden:

  • Zeigt der Empfänger der Annahmeerklärung die Verspätung dem Annehmenden unverzüglich („unverzüglich“ bedeutet gem. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“) nach dem Empfang der Erklärung an, dann gilt die Annahme als verspätet und damit als erloschen. Allerdings tritt nun die Wirkung des § 150 Abs. 1 BGB ein, wonach die verspätete Annahme als neues Angebot gilt. 
  • Zeigt der Empfänger der Annahmeerklärung die Verspätung dem Annehmenden dagegen nicht unverzüglich nach dem Empfang der Erklärung an, dann gilt die Annahme gem. § 149 S. 2 BGB als nicht verspätet. Der Vertrag kommt in diesem Fall trotzdem zustande, da der Absender der Annahmeerklärung von einem rechtzeitigen Zugang seiner Willenserklärung ausgehen muss.

Grundsätzlich wird eine Annahmeerklärung also erst wirksam, wenn diese dem Erklärungsempfänger zugeht. Hiervon macht § 151 BGB jedoch eine bedeutende Ausnahme. Gem. § 151 BGB kommt nämlich ein Vertrag auch dann zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende darauf verzichtet hat. 

Unter Verkehrssitte versteht man die im Handels- bzw. bürgerlichen Rechtsverkehr tatsächlich bestehende Übung der Beteiligten, welche eine gewisse Festigkeit erlangt haben muss. Dies bedeutet, dass eine Annahme gem. § 151 BGB auch vereinfacht erklärt werden kann, wenn dies in der jeweiligen Situation gang und gäbe ist bzw. der Antragende explizit auf eine Annahme verzichtet hat.

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Beispiel aus dem Versandhandel 

Versandhandel: Der Kaufvertrag kommt auch zustande, wenn der Händler das Angebot nicht explizit annimmt, sondern die bestellte Ware zusendet. Oft wird aber eine Bestellbestätigung zuvor zurückgesandt.

Schweigt der Empfänger auf ein erhaltenes Angebot, dann kommt kein Vertrag zustande. Schweigen stellt grundsätzlich keine Willenserklärung dar. 

Ein Ausnahmefall zu diesem Grundsatz existiert jedoch im Handelsrecht, und zwar beim Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben. Hierbei handelt es sich um ein Schreiben, das den zuvor verhandelten Vertragsschluss schriftlich fixiert, um z. B. mögliche Unklarheiten gar nicht erst entstehen zu lassen. Das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben gilt dann als Zustimmung zum Inhalt dieses Schreibens.

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