Was versteht man unter einer Rechtsquelle?

Zuletzt aktualisiert: 24.04.2023

Die Rechtsquellen beantworten die Frage, wie das Recht entstanden ist. Diesbezüglich kann einerseits zwischen dem geschriebenen, d. h. dem positiven bzw. gesetzten Recht und andererseits dem ungeschriebenen Recht unterschieden werden.

Das geschriebene Recht setzt sich aus 

  • den verschiedenen Bundes- und Landesgesetzen (z. B. Grundgesetz, Bürgerliches Gesetzbuch), 
  • den Rechtsverordnungen und 
  • den Satzungen

zusammen. Es handelt sich damit um Recht, welches nachgelesen werden kann.

Eine Rechtsverordnung stellt ein Gesetz im materiellen Sinn dar, die einer Verordnungsermächtigung im Gesetz bedarf und von einem Organ der Exekutive (also der Regierungs- oder der Verwaltungsbehörde) erlassen wird. 

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Beispiel: Straßenverkehrsordnung (StVO) 

Eine Satzung ist eine schriftlich niedergelegte rechtliche Ordnung, die von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts für ihre Mitglieder aufgrund ihrer vom Staat verliehenen Satzungsautonomie verfasst wurde. 

Beispiele: 

  • Satzung einer Gemeinde
  • Satzung einer Universität

Demgegenüber stellt das Gewohnheitsrecht das ungeschriebene Recht dar. Gewohnheitsrecht fußt auf der jahrelangen andauernden tatsächlichen Übung, die auf einer allgemeinen Rechtsüberzeugung der Beteiligten beruht. Je mehr Bereiche durch das geschriebene Recht abgedeckt sind, desto weniger Raum bleibt für das Gewohnheitsrecht. 

Beispiele: 

Der Arbeitgeber zahlt regelmäßig Sonderzahlungen zum Dienstjubiläum, zu runden Geburtstagen oder Weihnachtsgeld, obwohl dies im Arbeitsvertrag nicht gesondert geregelt ist.

Um einen konkreten Fall zu bearbeiten, ist es zunächst notwendig, das dafür relevante Gesetz ausfindig zu machen. Die Bearbeitung eines Falles stellt daher zunächst auf die Gesetzesgrundlage ab. Das Problem insbesondere für angehende Juristen besteht nun darin, das richtige Gesetz und innerhalb dieses Gesetzes auch die einschlägig relevanten Vorschriften herauszufinden.

Da die Anzahl der Gesetze in Deutschland kaum überschaubar ist, ist das Auffinden des richtigen Gesetzes eine Kunst, die man mit Struktur lernen kann. Allein die Gesetzessammlungen zeigen schon den Umfang der Rechtsvorschriften in Deutschland. Im zivilrechtlichen Bereich sind Übersichten oder Sachverzeichnisse hilfreich, um auf der Basis des Bürgerlichen Gesetzbuches Sondervorschriften zu ermitteln. Derartige Sondervorschriften finden sich beispielsweise in der Straßenverkehrsordnung, Im Handels- oder Gesellschaftsrecht, im Produkthaftungsgesetz und ähnlichem. Der jeweilige Sachverhalt muss Schlüsselwörter enthalten, die darauf hindeuten, dass entsprechende Spezialvorschriften zur Anwendung gelangen können.

Hat man das richtige Gesetz gefunden, so muss man die einschlägigen Normen herausfinden. Auch dabei muss man systematisch vorgehen. Entscheidend hierfür ist die jeweilige Fallfrage, also wer will was von wem. Wer ist der Kläger, wer der Beklagte und um welche Forderung geht es? Diese Frage ist zentral für praktisch alle zivilrechtlichen Fragestellungen, mit welchen wir uns nachfolgend auseinander setzen.

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Außerdem muss man beachten, dass die jeweiligen Gesetze in einer ganz eigentümlichen Art aufgebaut sind. So ist es beim Bürgerlichen Gesetzbuch relativ einfach, Fragen zum Familienrecht einzugrenzen, denn diese finden sich im vierten Buch ab Paragraph 1297. Das erste Buch setzt sich mit dem allgemeinen Teil des Zivilrechts auseinander. Der allgemeine und besondere Schuldrechtsteil findet sich ab Paragraph 240 bis Paragraph 853 im zweiten Buch. Das dritte Buch, das Sachenrecht, beginnt bei Paragraph 854 und endet bei Paragraph 1296. Schließlich bleibt noch das Erbrecht ab Paragraph 1922.

Wichtig zu bemerken ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass nicht alle Normen die jeweilige Rechtsfolge bestimmen, viel mehr gibt es ein Normensystem, in dem sich die einzelnen Normen miteinander verbinden. So gibt es Vorschriften, die andere Normen ergänzen, Normen die auf anderen Normen wiederum Bezug nehmen und auch solche Normen, die den Eintritt einer Rechtsfolge einer Norm unterbinden oder sogar einen bestehenden Anspruch wieder beseitigen können. Dieses Geflecht von Normen bereitet auch erfahrenen Juristen manchmal Schwierigkeiten. Für eine Falllösung reicht es deswegen in der Regel nicht, nur die Anspruchsgrundlage zu kennen. Auch die mit einer Norm verknüpften Gegennormen und Verhältnisse zu anderen Normen sind zu beachten beziehungsweise zu erlernen.

Unter einer Anspruchsgrundlage wollen wir nachfolgend eine vollständige Rechtsnorm verstehen. Diese verbindet bestimmte tatbestandliche Voraussetzungen einer Rechtsfolge mit gesetzlichen Regelungen. Es ist wichtig zu betonen, dass Anspruchsgrundlagen nicht immer nur in einer Norm vorzufinden sind. Wir wollen nachfolgend zwischen Definitionsnormen, Gegennormen und Verweisungen sowie Fiktionen unterscheiden.

Definitionsnormen, auch Legaldefinitionen genannt, finden sich direkt im Gesetz. Wann etwa ein Gerichtsvollzieher Zwangsvollstreckungen vornehmen darf, ist in § 758a Abs. 4 Satz 2 ZPO klar geregelt: in der Zahl von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr sind diese nicht erlaubt.

Gegennormen sind die Ausnahme von der Regel. Aus einer Norm ergibt sich eine gewisse Rechtsfolge, es ist aber auch möglich, dass eben diese Rechtsfolge durch eine andere Norm wieder aufgehoben wird. Dann spricht man von einer Gegennorm.

So unterscheidet man etwa zwischen rechtshindernden und rechtsvernichtenden Einwendungen. Im ersten Fall tritt die Rechtsfolge erst gar nicht in Kraft.

Verweisungen dienen dazu, Gesetze nicht noch dicker werden zu lassen als sie schon sind. Wenn an anderer Stelle eine wortgleiche Norm vorzufinden ist, wird in einem Gesetz darauf einfach verwiesen. 

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Rechtsfolgenverweisungen haben das Ziel, auf eine Norm zu verweisen, die dann unmittelbar übernommen werden kann. Bei einer Rechtsgrundverweisung wird der Anwendungsbereich einer Norm erläutert und erweitert, auf welche sich der Verweis bezieht.

Eine Norm kann nur dann verwendet werden, wenn sie für den gegebenen Sachverhalt überhaupt Anwendung findet. Der Geltungs- und Anwendungsbereich kann einerseits räumlich, zeitlich und andererseits sachlich eingeschränkt sein. Die räumliche Einschränkung bezieht sich etwa auf das Bundesland, die zeitliche Beschränkung auf die Frage, ob es Übergangsvorschriften gibt, die die Anwendung einschränken.

Sofern eine Norm gegen höherrangiges Recht verstößt, kann sie nicht angewendet werden. In diesem Zusammenhang spricht man von so genanntem Geltungsvorrang. Ein Anwendungsvorrang liegt dann vor, wenn zwei Normen im Range nach gleich sind, eine jedoch vor der anderen zwingend anzuwenden ist. So haben speziellere Regelungen Vorrang vor allgemeinen Regelungen. Geltungsvorrang hat etwa das Verfassungsrecht vor dem Gesetzesrecht.

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