Was ist der Kompetenzansatz?

Zuletzt aktualisiert: 20.07.2022

Die ICB, die Kompetenzrichtlinie der IPMA (zu finden z.B. unter https://www.gpm-ipma.de/know_how/pm_normen_und_standards/standard_icb_4.html in Version 4), listet jene Kompetenzen auf, die das Projektpersonal haben sollte, um ein Projekt erfolgreich führen zu können. Dies wird im sogenannten Kompetenzauge in drei Bereiche unterteilt:

Kompetenzauge aus der ICB 3.0
Kompetenzauge aus der ICB 3.0

Welche technische Kompetenzen gibt es?

Der Bereich der PM-technischen Kompetenzen beschreibt die grundlegenden Elemente der Projektmanagementkompetenz. Die ICB 3.0 etwa beinhaltet 20 PM-technische Kompetenzelemente:

  1. Projektmanagementerfolg.
  2. Interessierte Parteien
  3. Projektanforderungen und Projektziele
  4. Risiken und Chancen
  5. Qualität
  6. Projektorganisation
  7. Teamarbeit
  8. Problemlösung
  9. Projektstrukturen
  10. Leistungsumfang und Lieferobjekte (Deliverables)
  11. Projektphasen, Ablauf und Termine
  12. Ressourcen
  13. Kosten und Finanzmittel
  14. Beschaffung und Verträge
  15. Änderungen
  16. Überwachung und Steuerung, Berichtswesen
  17. Information und Dokumentation
  18. Kommunikation
  19. Projektstart
  20. Projektabschluss

Die beschriebenen „technischen“ Kompetenzelemente werden benötigt, um ein Projekt ins Leben zu rufen, zu starten, durchzuführen und es zum Abschluss zu bringen. Diese Reihenfolge der Elemente kann je nach Art, Größe und Komplexität eines Projekts und anderen Einflussfaktoren variieren. Die Bedeutung bzw. die Gewichtung einer Kompetenz ist vollständig von der spezifischen Projektsituation abhängig.

Welche Verhaltenskompetenzen gibt es?

In Projekten arbeiten Menschen. Damit ist jedes Projekt – oder genauer gesagt die daran beteiligten Personen – gleichzeitig als soziales System zu betrachten. Daraus resultieren eine Vielzahl von Themen, die es zu beachten und zu bewältigen gibt: Kommunikation, Konflikte, Veränderungen, Motivation, Durchsetzungskompetenz, Entscheidungsfindung und vieles mehr.

Die ICB 3.0 listet die folgenden 15 Verhaltenskompetenzen auf, die das Projektpersonal haben sollte, um ein Projekt erfolgreich führen zu können:

  1. Führung
  2. Engagement und Motivation
  3. Selbststeuerung
  4. Durchsetzungsvermögen
  5. Entspannung und Stressbewältigung
  6. Offenheit
  7. Kreativität
  8. Ergebnisorientierung
  9. Effizienz
  10. Beratung
  11. Verhandlungen
  12. Konflikte und Krisen
  13. Verlässlichkeit
  14. Wertschätzung
  15. Ethik

Die PM-Verhaltenskompetenzen sind so aufgelistet, dass aufsteigend der Fokus auf das Individuum immer mehr ab- und die Anzahl der involvierten Personen immer mehr zunimmt:

  • Zu Beginn stehen die Elemente, die sich ausschließlich auf den Projektmanager selbst beziehen
  • Es folgen die Elemente, die sich hauptsächlich auf seine direkten Kontaktpersonen in und um das Projekt herum beziehen.
  • Danach folgen jene Kompetenzelemente, die meist in Bezug auf das gesamte Projekt und auf die am Projekt beteiligten Parteien verwendet werden.
  • Den Abschluss bilden jene Elemente, die ihren Ursprung in der Wirtschaft, der Gesellschaft, der Kultur und der Geschichte haben.

Beispielhaft ist im Folgenden ein Auszug der Kompetenzbeschreibung „Führung“ dargestellt:

Unter Führung versteht man die Anleitung und Motivation anderer bei der Erfüllung ihrer Funktionen oder Aufgaben im Dienst der Projektziele. Es handelt sich um eine für Projektmanager ausschlaggebende Kompetenz.

Führung ist während der gesamten Projektdauer erforderlich. Sie ist besonders dort wichtig, wo ein Projekt auf Probleme stößt, eine Änderung erforderlich wird oder Ungewissheit über die weitere Vorgehensweise besteht. Führung ist erforderlich, um alle Projektmanagementkompetenzen auf eine für das Team sicht- und annehmbare Art und Weise auszuüben.

Auszug der Prozessschritte zur Verhaltenskompetenz „Führung“ 

Diese schlagen sich wiederum in der Zertifizierungsebene nieder (vergleiche Projektmanagement-Organisationen):

A Hat Führung mit den Programm- und Projektmanagern im Kontext des Projekts und der Stammorganisation wirksam angewendet, gemanagt und geleitet. Der Kandidat hat (Teil-) Programmmanager und/oder Projektmanager bei der Entwicklung ihrer Führungskompetenzen angeleitet. Der Kandidat war außerdem an der Einführung von Mitarbeiterführung in Projekten oder Programmen beteiligt.

B Hat Führung in komplexen Projektenwirksam angewendet und gemanagt. Der Kandidat hat (Teil-) Projektmanager bei der Entwicklung ihrer Führungskompetenzen angeleitet.

C Hat Führung in Projekten mit begrenzter Komplexität wirksam angewendet.

D Verfügt über das erforderliche Wissen in Bezug auf Führung.

Schlüsselkompetenzen zur Verhaltenskompetenz „Führung“

Was sind Kontextkompetenzen?

Der Bereich der PM-Kontext-Kompetenzen beschreibt jene Elemente der Projektmanagementkompetenz, die vom Projektkontext abhängig sind. Dieser Bereich betrifft die Kompetenz des Projektmanagers im Umgang mit der Organisation des Linienmanagements und seine Fähigkeit, in einer projektorientierten Organisation zu arbeiten. Die ICB 3.0 beinhaltet 11 PM-Kontext-Kompetenzelemente:

  1. Projektorientierung
  2. Programmorientierung
  3. Portfolioorientierung
  4. Einführung von Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement
  5. Stammorganisation
  6. Geschäft
  7. Systeme, Produkte und Technologie
  8. Personalmanagement
  9. Gesundheit, Arbeits- Betriebs- und Umweltschutz
  10. Finanzierung
  11. Rechtliche Aspekte

Die ersten fünf PM-Kontext-Kompetenzelemente umfassen die Förderung von Projekt-, Programm- und/oder Projektportfolio-Management in einer Organisation. Die letzten sechs PM-Kontext-Kompetenzelemente beschreiben, was die unterschiedlichen unterstützenden Funktionen in Linienorganisationen über Projekte und was Projektteams über die unterstützenden Funktionen wissen sollten.

Welche Erfolgsfaktoren in Projekten gibt es?

Was ist wichtig, damit ein Projekt ein Erfolg wird? Die Wahl des Projektstandards, also z.B. das PMBOK oder die ICB? Die Kompetenzen und Fähigkeiten der Mitarbeiter? Die Auswahl des richtigen Maßes an Methoden und Kontrollen?

Ja! Vor allem aber auch – begründet durch Studien und empirische Forschung:

  • Die Unterstützung des Projekts durch das (Top-)Management ist ausschlaggebend
  • Der Projektleiter braucht eine starke formale Stellung und muß wesentliche Managementfähigkeiten haben
  • Ein kompetentes Projektteam ist ein weiterer Erfolgsfaktor
  • Die Gestaltung des formalen Kommunikationssystems und gute Rahmenbedingungen tragen ebenfalls zum Gelingen bei

Ebenso wesentlich sind die Befugnisse, die dem Projektleiter im Rahmen des Projekts sowie im Rahmen seiner Rolle erteilt werden:

Projekterfolg versus Befugnisse
Projekterfolg versus Befugnisse

Welche Normen und Standards gibt es?

Wie bereits im Vorwort zu diesem Studiengang ausgeführt wurde, ist Projektmanagement an sich keine Geheimwissenschaft. Vergleicht man beispielsweise die Matrix zwischen Prozessen und Wissensfeldern mit der Beschreibung der Wissensfelder, so ist es wohl kaum überraschend, dass sich der Projektauftrag im Prozess „Initiierung“ findet.

Gleichzeitig will und soll eine Vielzahl an Methoden und Kompetenzen beherrscht werden, um den Projektverlauf optimieren zu können. Dafür gibt es eine ausreichende und etablierte Anzahl von Normen und Standards, die sich mit unterschiedlichen Zugängen diesem Themenkomplex widmen.

In den bisherigen beiden Modulen haben Sie gelernt, dass der Ablauf von Projekten einen roten Faden aufweist. Dieser rote Faden spiegelt sich in praktisch allen verfügbaren Normen und Standards zum Thema Projektmanagement wieder. Wenngleich beispielsweise die ICB durch ihre Kompetenzorientierung nicht explizit auf Prozesse eingeht, findet sich dennoch genauso die „Phase“ des Projektstarts mit den bereits bekannten Elementen und Ergebnissen als technische Kompetenz wieder (siehe Technische Kompetenzen):

Mögliche Prozessschritte:

  1. Initiierung des Projekt-/Programmstartprozesses.
  2. Kommunikation der Projekt- bzw. Programmziele und ihres Kontexts.
  3. Schaffung eines gemeinsamen Leitbilds oder einer gemeinsamen Vision für das geplante Projekt oder Programm.
  4. Erstellung detaillierter Programm- bzw. Projektpläne […]
  5. Sicherstellung der Ressourcen, Finanzmittel, Ausrüstung und Einrichtungen […]

Oder: die ICB listet in den ersten fünf PM-Kontext-Kompetenzelementen die Förderung von Projekt-, Programm- und/oder Projektportfolio-Management in einer Organisation auf. Parallel dazu gibt es die DIN 69909 und die ISO 21504, die sich – zumindest von der Überschrift „Management von Projektportfolios, Programmen und Projekten“ her – mit demselben Thema auseinandersetzen.

Die folgende – unvollständige – Auflistung von Normen und Standards gibt einen Überblick über ergänzende Normen, Dokumente und Ansätze. Der Kombination, Vertiefung und Weiterbildung rund um das Thema Projektmanagement sind damit kaum Grenzen gesetzt.

Was ist ICB/IPMA?

Die IPMA hat 1999 die erste Ausgabe der ICB veröffentlicht. Per Ende 2018 waren weltweit etwa 45.000 Mitglieder in 55 nationalen Vereinigungen zusammengeschlossen. Die ICB gibt es in Deutsch und in Englisch im Internet zum Download.

Neben der ICB gibt es die pm baseline, die Wissenselemente zum Projekt- und Programmmanagement sowie zum Management projektorientierter Organisationen enthält. Für die Zertifizierung zum pm consultant stellt die ICBC (IPMA Competence Baseline for PM Consultants) eine Ergänzung zur ICB dar.

Die IPMA OCB (IPMA Organizational Competence Baseline) führt das Konzept der organisationalen Kompetenz für das Management von Projekten ein und bietet Erkenntnisse für all diejenigen, die daran interessiert sind herauszufinden, auf welche Weise sich das Management von Projekten, Programmen und Portfolios in einem Unternehmen verbessern lässt.

Welche Normen gibt es?

DIN 6990x

Ab 1987 entstanden in Deutschland die DIN-Normen der Reihe 6990x, welche sich dem Projektmanagement und auch vor allem der Begriffsdefinition rund um Projekte widmen. Es handelt sich dabei um eine zuletzt 2009 aktualisierte Normenreihe mit folgenden Einzelnormen:

  • DIN 69901-1:2009-01 Projektmanagement – Projektmanagementsysteme – Teil 1: Grundlagen
  • DIN 69901-2:2009-01 Projektmanagement – Projektmanagementsysteme – Teil 2: Prozesse, Prozessmodell
  • DIN 69901-3:2009-01 Projektmanagement – Projektmanagementsysteme – Teil 3: Methoden
  • DIN 69901-4:2009-01 Projektmanagement – Projektmanagementsysteme – Teil 4: Daten, Datenmodell
  • DIN 69901-5:2009-01 Projektmanagement – Projektmanagementsysteme – Teil 5: Begriffe
  • DIN 69909-1:2013-03 Multiprojektmanagement – Management von Projektportfolios, Programmen und Projekten – Tei1: Grundlagen (und folgende)

ISO 2150x

Eine Norm zur internationalen Harmonisierung im Projektmanagement wurde im Herbst 2012 als ISO 21500 (Leitfaden zum Projektmanagement) verabschiedet, welche sich stark am PMBOK und an der DIN 69901-2:2009 orientiert. Im Gegensatz zur nur für Deutschland gültigen DIN 6990x wurde damit erstmals eine internationale Norm zum Thema Projektmanagement geschaffen.

Ergänzend gibt es beispielsweise die ISO 21504:2015-07 Project, program and portfolio management – Guidance on portfolio management oder die ISO 21505:2015-08 Projekt-, Programm- und Portfoliomanagement – Leitlinien zu Governance.

ISO 1000x

Die ISO 10006 gibt einen – auf der ISO 9000-Familie basierenden – Leitfaden für das Qualitätsmanagement in Projekten in die Hand. Die ISO 10005 geht näher auf das Thema „Qualitätsmanagement  – Leitfaden für Qualitätsmanagementpläne“ ein.

Mit der ISO 10003 gibt einen „Qualitätsmanagement – Kundenzufriedenheit – Leitfaden für Konfliktlösung außerhalb von Organisationen“. Die ISO 10007 unterstützt das Qualitätsmanagement mit einem „Leitfaden für Konfigurationsmanagement“.

Spezialnormen

Für die Raumfahrt gibt es speziell adaptierte Normen zum Projektmanagement:

Ein anderes Beispiel ist die technische Regel VDI 2523: 1993 07 „Projektmanagement für logistische Systeme der Materialfluss- und Lagertechnik“.

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