Was bedeutet Interkulturelle Kommunikationsfähigkeit?
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Die Internationalisierung bringt das Phänomen mit sich, dass sich die interpersonale Kommunikation innerhalb eines Kulturkreises zunehmend zu einer interkulturellen Kommunikation ausweitet, da immer mehr Personen unterschiedlicher kultureller Hintergründe miteinander kommunizieren. Die unterschiedlichen nationalen Sozialisationen können dazu führen, dass der Empfänger den genauen Sinn oder Inhalt der Botschaft des Senders nicht richtig verstehen kann.
Die Definition der deutschen Linguisten Knapp und Knapp-Potthoff zeigt, dass Kommunikation nicht isoliert betrachtet werden kann:
„Interkulturelle Kommunikation ist […] die interpersonale Interaktion zwischen Angehörigen verschiedener Gruppen, die sich mit Blick auf die ihren Mitgliedern jeweils gemeinsamen Wissensbestände und sprachlichen Formen symbolischen Handelns unterscheiden. Solche Unterschiede bestehen schon zwischen Gruppen innerhalb einer durch Nation oder Staat definierten Gesellschaft.“
Interkulturelle Kommunikation beschäftigt sich vor allem mit Interaktionen und Beziehungen zwischen Menschen, im Gegensatz zum Kulturvergleich, der Merkmale von Kulturen gegenüberstellt. Der Mitbegründer der Interkulturellen Kommunikationsforschung, der US-amerikanische Kulturanthropologe Edward T. Hall, formuliert „Kultur ist Kommunikation“.
Interkulturelle Kommunikationsschwierigkeiten kann man folglich in vier Kategorien einteilen: In Sprache und Sprachverhalten, nonverbales Verhalten, Werte und Denkmuster.
Was bedeutet Kommunikationsfähigkeit in der interkulturellen Zusammenarbeit?
Wenn Menschen kommunizieren, lässt sich das nach dem einfachen Schema „miteinander reden“ folgendermaßen beschreiben:
Der Sender verschlüsselt (codiert) seine Botschaft mit Hilfe von Zeichen, Signalen bzw. Symbolen und sendet bzw. überträgt sie mit Hilfe eines Mediums (z.B. Telefon, Telefax, Brief, persönliches Gespräch).
Der Empfänger entschlüsselt (decodiert) anschließend diese Nachricht, die er vollständig empfangen haben sollte. Von einer „reibungslosen Kommunikation“ spricht man allerdings erst dann, wenn der Empfänger die Botschaft in der gleichen Weise interpretiert wie der Sender.
In der interkulturellen Kommunikation kann die Verständigung scheitern, wenn die Mitglieder der einen Kultur die impliziten Schemata der anderen nicht kennen, noch deren sprachlichen und non-verbalen Mittel. Die eigentliche Botschaft übermitteln Menschen häufig nicht explizit, d.h. verbal, sondern verstecken die Nachricht im paraverbalen, non-verbalen oder extra-verbalen Teil.
Dies bedeutet, dass in der interkulturellen Kommunikationssituation eine erhöhte Komplexität vorzufinden ist.
Will man die Botschaft seines Gesprächspartners aus einer „High context“ – Kultur umfassend verstehen, muss man in der Lage sein, die Bedeutung des Gesagten aus dem Kontext zu erschließen. Dies gelingt nur, sofern man über das dabei notwendige, meist unterstellte implizite Wissen verfügt.
Alle Beteiligten müssen also über eine bestimmte Menge gemeinsamer Zeichen verfügen, die in beiden „kulturellen Erfahrungswelten“ gelten. Zudem ist die Kenntnis der Normen, Symbole, Werte und Fakten der anderen Kultur nützlich. Je größer die Schnittmenge an vorhandenen Codes ist, desto reibungsloser verläuft die Kommunikation.
Ein gemeinsames Code-System führt zu einer „Ökonomie der Verständigung“, weil die Gesprächspartner auf Informationen, die als Gemeingut bzw. Kulturgut gelten, verzichten können, ohne dass der wesentliche Kern der Botschaft verloren geht.
„Jede Kommunikation ist Interaktion, aber nicht jede Interaktion ist Kommunikation“ (vgl. Geißner, 1994).
Diesem Zitat folgen, bedeutet, dass wir für gemeinsames Tun keine Kommunikation benötigen, sofern wir das gleiche Verständnis vom Handeln haben. Je verschiedener die Hintergründe, Bedürfnisse, Erwartungen und Ziele der Kommunikationspartner sind, desto wichtiger wird das Thematisieren und Aushandeln von Differenzen.
Das Aushandeln von Differenzen findet hauptsächlich in einem Gespräch statt und ist nicht immer harmonisch. Zur Kommunikationsfähigkeit gehört daher zwingend auch eine gewisse Konfliktfähigkeit. Damit ist die angemessene Reaktion auf die Signale des Andern und die Effektivität des Bemühens um die gemeinsame Sache gemeint.
Welche Rolle spielen Fremdsprache und Sprachkenntnisse?
Der Sprachwissenschaftler Samuel Huntington ist der Meinung, dass Sprache zusammen mit der Religion das wichtigste Kriterium bildet, um Menschen verschiedener Kulturen zu unterscheiden.
Sprache und Kultur sind in vielerlei Hinsicht miteinander verbunden, wobei Sprache ein bedeutender Indikator ist, um Kultur zu messen und wesentlicher Bestandteil von Kultur selbst darstellt.
Das bedeutet folglich Kultur impliziert auch Sprache . Sprache kann auch zur Identitätsfindung dienen, denn sie schafft eine Sprachnation, die das Wertesystem einer menschlichen Gemeinschaft widerspiegelt, Schlüsse auf die besonderen Lebensverhältnisse des Individuums zulässt und auch das vorherrschende gemeinschaftliche Weltbild mitbestimmt. Die Sprache symbolisiert und „transportiert“ Kultur, so beispielsweise auch das Selbstverständnis der jeweiligen Kultur-Angehörigen.
Untersucht man Sprache genau, werden kulturspezifische Kommunikationsformen – Sprachgenres – sichtbar. Wir sprechen nicht einfach nur eine Sprache, verbunden mit der Sprachvariante (z. B. Englisch, indisches Englisch, Hochdeutsch, Bayerisch, etc.) sind auch bestimmte Sprechweisen, Kommunikationsmuster oder auch Humor. Aber auch die politische Heimat und die Machtdifferenz zwischen Völkern bringen wir mit der Sprache zum Ausdruck, nämlich immer dann, wenn eine „Kolonialsprache“ wie Englisch verwendet wird.
Sprachstruktur und -elemente, also Grammatik und Wortschatz, reflektieren das, was die Angehörigen einer Kultur als wichtig empfinden. Sprache kann folglich kein neutrales Medium sein. Aus der Kontingenz (Auftreten zweier Ereignisse gleichzeitig) der Sprache folgt auch, dass Wörter nicht immer vollkommen äquivalent in eine andere Sprache übersetzt werden können. Das bedeutet für den Sprachengebrauch im Arbeitsalltag, dass man sich der Bedeutungsunterschiede bewusst sein sollte.
Ein Beispiel für die unterschiedliche Interpretation einzelner Worte und Begriffe durch den kulturellen Hintergrund soll an Hand der deutschen und französischen Sprache gezeigt werden:
Deutsch: „Zusammenarbeit“ = die gemeinsame Arbeit, das Zusammenwirken, bei dem sich alle Beteiligten in gleicher Weise und mit gleicher Intensität einsetzen, um auf ein Ziel hinzuarbeiten.
Französisch: „Coopération“ = der individuelle Beitrag, die Mitwirkung Einzelner an einem gemeinsamen Ziel.
Die Worte „Kompromiss“ = „compromis“ und „Konsens“ = „consensus“ haben in Frankreich eine eher negative Bedeutung, denn „nachgeben“ muss nur dasjenige Teammitglied, das die schlechtere Idee oder die schwächere Durchsetzungskraft hat.
Das deutsche Wort „Führung“ oder „Führungskraft“ findet im Französischen kein adäquates Wort. In der französischen Sprache gibt es kein eigenes Wort, stattdessen wird das englische „leadership“ und „leader“ genutzt.
Während der deutsche Begriff „Vorgesetzter“ auf eine horizontale Beziehung verweist, steht der französische Begriff „supérieur“ (Übergeordneter) für eine vertikale Beziehung.
Schon diese wenigen Beispiele zeigen, wie eng Sprache und Vokabular mit der jeweiligen Landeskultur verknüpft sind. Und bei aufmerksamem Hinhören und mit interkulturellem Verständnis lässt sich dieses Wissen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit nutzen.
Welche möglichen Strategien für interkulturelle Kommunikation im Alltag gibt es?
Wer Projekte mir multikulturell besetzten Teams leitet, der kennt das Problem, dass manches Mal Termine nicht eingehalten werden, die Qualität der abgelieferten Produkte und Leistungen sich von den Vereinbarungen unterscheiden und vieles mehr.
In der Zusammenarbeit mit anderen Nationen haben selbst weltoffene und sprachgewandte Manager ab und zu Schwierigkeiten. Für ein verständnisvolleres Umgehen miteinander und ein zielgerichtetes Zusammenarbeiten, kann ein Blick auf die anderen Kulturen im Team und deren Grundmuster helfen. Man erhält dann eine Übersicht über die „typischen“ kulturellen Eigenheiten der Teammitglieder.
Will man Strategien in Projekten umsetzen, benötigt man die Anderen dazu, allein kann man es nicht tun. Das bedeutet motivierte und informierte Mitarbeiter sind wichtig, sonst wird das beste Konzept nur eine Ideensammlung bleiben und irgendwann wieder in der Schublade verschwinden. In der Zusammenarbeit mit ausländischen Firmen oder mit Firmen im Ausland ist dies besonders wichtig, sowohl bei kurzfristigen Anlässen wie bei einem Geschäftstermin oder bei längerfristigem Engagement vor Ort.
Die Zusammenarbeit mit ausländischen Geschäftspartnern wird beeinflusst durch zum einen das Zeitverständnis, aber auch die Geschichte des jeweiligen Landes. Hinzu kommen spezifische Umgangsformen in den Ländern und das vorherrschende Geschäftsverständnis.
Diese Aspekte und die kulturellen Grundmuster sollen am Beispiel Großbritanniens und Frankreichs genauer betrachtet werden.
Was bedeutet das Zeitverständnis?
Unsere kulturellen Grundmuster bestimmen das Zeitverständnis, das wir haben, und somit beeinflusst es auch unsere Arbeit im Unternehmen.
Mit dem Einzug des Taylorismus in unsere Arbeitswelt, mit dem Arbeitsprozesse in immer kleinere Schritte aufgeteilt wurden, entwickelte sich das monochrone Zeitverständnis.
In Frankreich und den übrigen südeuropäische Ländern, wie auch im asiatischen, arabischen, südamerikanischen Kulturraum findet Leben und Arbeiten in einer polychronen Zeiteinteilung statt. In ihr geschehen die Dinge nicht hintereinander, sondern parallel. Zudem wird in der Regel nicht so streng zwischen Beruf und Privat unterschieden.
In monochroner Zeiteinteilung gilt somit, die Zeit verläuft linear, alle Aufgaben werden hintereinander erledigt, also immer nur eine Aufgabe. Der Terminkalender bestimmt die Planung und es wird konzentriert gearbeitet und getagt.
In einem polychronen Zeitverständnis gilt Zeit als ein abstrakter Begriff, die Aufgaben werden parallel verrichtet, also mehrere gleichzeitig. Die Planung ist flexibel, Termine können sich verschieben, Ablenkungen sind möglich und werden nicht als Störung empfunden.
Wie war der geschichtliche Ablauf?
Die Deutschen haben im Laufe der Geschichte viele kleine Staaten und Fürstentümer in ihren Landesgrenzen gebildet. Daher stammt der Hang zu einem sachbezogenen und logisch nachvollziehbaren Austausch von Informationen. Damit die Wirtschaft in den vielen Kleinstaaten funktionieren kann, waren Pünktlichkeit und Gründlichkeit unabdingbar.
Die Landesgeschichte prägt das Verhalten der Menschen. Die Franzosen in ihrem zentralistisch regierten Land hingegen sind hierarchiegeprägt. Um von Westen nach Osten zu gelangen, fährt man in Frankreich mit der Eisenbahn über Paris. Genauso sind Entscheidungsstrukturen geprägt, entschieden wird in Paris. So ist der Generaldirektor in einem Unternehmen die anerkannte Führungspersönlichkeit, die ihre Entscheidungen alleine trifft.
Die Briten sind wiederum in ihrem Land, das als „cradle of democracy“ gilt, demokratisch bzw. teamorientiert. Dies wird durch die gemeinsame Erziehung in Internaten auch heute noch bewusst gefördert.
Wie pflegen und verstehen Sie die Umgangsformen ?
Ein ganz wichtiger Aspekt der Interaktionen im Ausland bzw. mit ausländischen Geschäftspartnern ist der richtige Umgang miteinander, was gehört sich und was verstimmt den Anderen eher?
Im Umgang mit französischen Geschäftskollegen hilft es über die Grundkenntnisse der französischen Sprache zu verfügen. Erspart man einem Franzosen wenigstens zu Beginn Englisch reden zu müssen, hat man oft schon den ersten Pluspunkt gesammelt. Niemand erwartet, dass man die ganze Konversation in Französisch führt.
Geschäftsessen laufen anders ab als in Deutschland. Oft pflegt man eine lockere interessante Form von Smalltalk das ganze Essen über, bevor man zum Ende hin das geschäftliche Anliegen vorbringt. Es gilt also nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen.
Für das Verhalten im Umgang mit britischen Geschäftspartnern ist es in gewisser Weise notwendig, die feine englische Art ebenfalls anzuwenden bzw. zu verstehen. Manche Sachverhalte nur andeuten, statt sie plump anzusprechen, lieber mal untertreiben und gerne auch mit Ironie reagieren.
Was besser nicht gesagt oder getan wird, sollte man ebenfalls beachten, da es ebenfalls aussagekräftig ist. Für den Smalltalk empfiehlt es sich daher:
- Don’t criticize the royal family
- Do say thank you and sorry
- Don’t jump the queue
- Do say how lovely someone’s garden is
- Don’t say how lovely someone’s wife is
Auch in Großbritannien ist es hilfreich sich vorab über aktuelle Ereignisse oder auch das Wetter zu informieren, ein nach wie vor beliebtes Gesprächsthema.
Wie können Geschäftsverständnis und Strategien umgesetzt werden?
Wer Strategien im Ausland umsetzen will, hat es leichter, wenn er die kulturellen Hintergründe des jeweiligen Landes kennt und seine Strategien entsprechend anpassen kann.
In Deutschland ist es üblich, Zielvereinbarungen auf der Personenebene zu treffen, das ist in stark hierarchisch geprägten Ländern schwierig, da sie eine hohe Eigenverantwortlichkeit voraussetzen. Zudem kann in diesen Ländern die Gemeinschaft eine starke Kontrollfunktion ausüben und dem Individuum nur geringen Spielraum einräumen.
Assistenten sind in der mittleren Führungsebene in Deutschland aufgrund flacherer Hierarchien und Stärkung der Teamarbeit abgeschafft worden. In hierarchischen Ländern werden die mittleren Führungsebenen durch Assistenten aufgewertet und ihnen damit mehr Macht verliehen.
Um in Frankreich Strategien umsetzen zu können, sollte man mit echten Herausforderungen aufwarten und sich starke Persönlichkeiten mit ins Boot holen und zur gemeinsamen Arbeit motivieren.
Wichtig ist es auch die hierarchischen Strukturen nicht zu übersehen, vor allem dann nicht, wenn es um Entscheidungen, um Lob und Kritik geht. Die französischen Vorgesetzten sind es gewohnt, sich für Ihre Mitarbeiter einzusetzen und sie zu „beschützen“.
Franzosen pflegen im Arbeitsleben offene Türen, Kollegen und Vorgesetzte tauschen im Gespräch Informationen aus. Das bedeutet, man muss sich um Informationen bemühen, sie suchen und nicht warten, bis sie gebracht werden. Deutsche Vorgesetzte ziehen sich gerne in ihr Managerbüro mit Vorzimmer zurück und erwarten die Initiative des Anderen.
Schriftliche Informationen werden in Frankreich stets über den Generaldirektor verteilt. Will man also erreichen, dass die deutschen Teammitglieder in den Verteiler aufgenommen werden, damit sie Informationen erhalten, muss man ihn ansprechen.
Engländer schätzen oft langfristige Partnerschaft mehr als kurze Deals. Die Entscheidungsprozesse können durchaus langwierig sein und Druck auszuüben ist eher kontraproduktiv. Eine Zusammenarbeit wird nicht automatisch erfolgreich verlaufen, nur weil ein deutscher Manager den britischen Humor zu schätzen und anwenden weiß.
Aber es ist ein Schritt, sich eingehend mit der anderen Kultur auseinanderzusetzen. Dadurch lassen sich Missverständnisse und Enttäuschungen vermeiden.