Was ist der Handelskauf?

Zuletzt aktualisiert: 27.04.2023

Die Vorschriften zum Handelskauf finden sich im 2. Abschnitt des 4. Buches des HGB, und zwar in den §§ 373 bis 382 HGB. Es handelt sich hierbei um Spezialvorschriften für Kaufverträge, an denen ein Kaufmann beteiligt ist. Es müssen also nicht beide Vertragspartner Kaufleute sein, es reicht bei einem Rechtsgeschäft nach § 345 HGB, dass das Geschäft für einen der beiden Teile – z. B. für den Verkäufer– ein Handelsgeschäft darstellt, soweit sich aus den handelsrechtlichen Vorschriften nicht etwas anderes ergibt. Somit fallen viele Kaufverträge des täglichen Lebens unter die  handelsrechtlichen Bestimmungen für den Handelskauf. Die Vorschrift zur Sachmängelhaftung (§ 377 HGB) verlangt hingegen, dass der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft sein muss.

Für den Handelskauf existiert keine Legaldefinition im HGB. Der Handelskauf ist jedoch ein Kaufvertrag, so dass zunächst die §§ 433 ff. BGB gelten. Ist zumindest eine Vertragspartei Kaufmann, dann gelten die §§ 373 ff. HGB, die die Regelungen des BGB ergänzen. Handelskauf ist somit jeder Kaufvertrag, bei dem zum einen das Rechtsgeschäft für mindestens eine Vertragsseite ein Handelsgeschäft darstellt und sich zum anderen auf den Kauf von beweglichen Sachen bezieht.

Wie beim Handelsgeschäft (siehe oben) kann der Handelskauf damit ein einseitiger oder ein zwei- bzw. beidseitiger Handelskauf sein. Die in § 377 HGB normierte Sachmängelhaftung ist nur auf den beidseitigen Handelskauf anwendbar.

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Was ist die Sachmängelhaftung?

Grundsätzlich gelten auch beim Handelskauf die §§ 434 ff. BGB bezüglich der Haftung bei mangelhafter Ware. Allerdings werden diese bürgerlich-rechtlichen Vorschriften für den Handelskauf um den § 377 HGB ergänzt. Gem. § 377 Abs. 1 HGB hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen, falls der Kauf für beide Seiten ein Handelsgeschäft darstellt. Sinn und Zweck dieser handelsrechtlichen Vorschrift ist es, die Verkäuferseite zu stärken und damit zu einer zügigeren Geschäftsabwicklung beizutragen.

§ 377 Abs. 1 HGB setzt ein beiderseitiges Handelsgeschäft voraus, d. h. beide Vertragsparteien müssen bei Vertragsschluss die Kaufmannseigenschaft im Sinne der §§ 1 ff. HGB besitzen und für beide muss es ein Handelsgeschäft darstellen, also ein Geschäft, das zum Betrieb des jeweiligen Handelsgewerbes gehört (§§ 343 Abs. 1, 344 Abs. 1 HGB). Wird dann ein Mangel, der ein Sach- oder auch Rechtsmangel sein kann, festgestellt und dem Verkäufer unverzüglich angezeigt, dann bestimmen sich die Gewährleistungsrechte des Käufers nach den §§ 434 ff. BGB. 

Danach kann der Käufer zunächst Nacherfüllung verlangen (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB), also die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache. Er kann aber auch, nachdem er eine angemessene Frist gesetzt hat, vom Kaufvertrag zurücktreten (§§ 323, 326 Abs. 5, 437 Nr. 2 Alt. 1, 440 BGB) oder den Kaufpreis mindern (§§ 437 Nr. 2 Alt. 2, 441 BGB). Außerdem kann der Käufer Schadensersatz verlangen (§§ 280, 282, 283, 311a, 440 BGB bzw. § 284 BGB).

Im Rahmen einer juristischen Fallbearbeitung ist Folgendes zu prüfen, um festzustellen, ob die kaufmännische Rügepflicht seitens des Käufers im Sinne des § 377 HGB ordnungsgemäß durchgeführt wurde:

  1. Beide Vertragsparteien sind Kaufleute.
  2. Es liegt ein Handelsgeschäft vor.
  3. Der Verkäufer muss die Ware abgeliefert haben.
  4. Die Ware ist mangelhaft (§§ 434 BGB, 377 HGB).
  5. Der Verkäufer hat den Mangel nicht arglistig verschwiegen (§ 377 Abs. 5 HGB).
  6. Der Käufer muss unverzüglich gerügt haben

Auf die einzelnen Voraussetzungen wird im Folgenden etwas näher eingegangen.

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Was ist wenn beide Vertragsparteien Kaufleute sind?

Beide Vertragsparteien müssen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Kaufleute sein. Verliert eine Vertragspartei die Kaufmannseigenschaft zu einem späteren Zeitpunkt, dann ist das für die Anwendung des § 377 HGB unschädlich.

Die Kaufmannseigenschaft ist für Kaufleute nach § 1 HGB zweifelsfrei gegeben. Sie kann aber auch gem. § 2 HGB oder § 3 HGB in Form des Kann-Kaufmanns durch die Eintragung in das Handelsregister begründet sein. Auch ergeben sich hier hinsichtlich des Form-Kaufmanns (§ 6 HGB) sowie den Fiktiv-Kaufmann aufgrund der Eintragung im Handelsregister (§ 5 HGB) keine Bedenken. Die Vertragspartei kann sogar als Schein-Kaufmann in Erscheinung treten, so dass § 377 HGB anwendbar ist.

Was ist das Handelsgeschäft?

Es muss ein Handelsgeschäft gem. § 343 HGB vorliegen. Im Zweifel muss dies an § 344 Abs. 1 HGB gemessen werden.

Was bedeutet die Ablieferung der Ware?

Die Ware muss durch den Verkäufer abgeliefert worden sein. Diese Voraussetzung ist nötig, damit der Käufer überhaupt die Möglichkeit hat, die Ware untersuchen zu können.

Was bedeutet die Mangelhaftigkeit der Ware?

Die Ware muss mangelhaft sein. In Frage kommen die verschiedenen Arten des Mangels nach § 434 f. BGB. Ein solcher Mangel kann in der Beschaffenheit begründet sein (§ 434 Abs. 1 BGB), als Montagemangel vorliegen (§ 434 Abs. 2 BGB), sich als Falsch- oder Minderlieferung äußern (§ 434 Abs. 3 BGB) oder ein Rechtsmangel sein (§ 435 BGB). 

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Was bedeutet der Mangel wurde nicht arglistig verschwiegen?

Der Mangel darf durch den Verkäufer nicht arglistig verschwiegen worden sein, d. h. der Verkäufer muss als redlich einzustufen sein. Arglistiges Verschweigen bedeutet bewusst böswilliges Verschweigen. Dafür reicht es nicht aus, dass der Verkäufer den Mangel lediglich kannte. Er muss zusätzlich gewusst haben oder zumindest in Betracht gezogen haben, dass der Käufer die Ware nicht annehmen würde, wenn dieser den Mangel gekannt hätte.

Was bedeutet unverzügliche Rügepflicht?

Gerügt werden muss „unverzüglich nach der Ablieferung“ (§ 377 Abs. 1 HGB). Das setzt voraus, dass eine Untersuchung der Ware stattgefunden hat und ein Mangel festgestellt wurde. 

Beispiel:
Offener Mangel, z. B. bei Falsch- oder Minderlieferung.

Ist die Ware verschlossen, so muss sie geöffnet und eine Stichprobe entnommen werden. Möglicherweise ist ein Mangel bei der Untersuchung nicht erkennbar. Dann liegt ein versteckter Mangel vor.

Ein versteckter Mangel ist also ein Mangel, der trotz einer Untersuchung nicht erkennbar war. Zeigt sich ein solcher Mangel erst später, dann muss die Anzeige unverzüglich nach der Entdeckung erfolgen, um zu verhindern, dass die Ware nicht trotz dieses Mangels als genehmigt gilt (§ 377 Abs. 3 HGB).

Was ist die Rechtsfolge?

Hinsichtlich der Rechtsfolge ist danach zu differenzieren, ob ordnungsgemäß gerügt wurde oder ob die Rüge nicht ordnungsgemäß war bzw. unterblieb. Die möglichen Rechtsfolgen können dann sein:

Was ist die ordnungsgemäße Rüge?

Der Käufer kann die Gewährleistungsansprüche aus §§ 434, 437 ff. BGB geltend machen.
Wurde zu viel geliefert, kann der Käufer den überschüssigen Teil – falls dies möglich ist – auch zurückweisen.
Bei einer Minderlieferung kann der Käufer die Lieferung zurückweisen, da der Verkäufer als Schuldner zu Teilleistungen nicht berechtigt ist, soweit Teilleistungen nicht vereinbart waren (§ 266 BGB).

Was bedeutet, wenn die Rüge nicht ordnungsgemäß bzw. nicht vorgenommen wurde?

Der Käufer kann keine Gewährleistungsansprüche aus §§ 434, 437 ff. BGB geltend machen.
Es gelten die Rechtsfolgen des § 377 HGB, die Ware gilt als genehmigt. Der Käufer muss dann den vereinbarten Kaufpreis entrichten.

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