Welche branchenspezifische Berichtsstandards gibt es?
Inhaltsverzeichnis
Was sind die einheitlichen EU-Standards für die Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichterstattung?
Ein zentrales Element der CSRD sind harmonisierte europäische Berichtsstandards, die Unternehmen bei der Erstellung ihrer Berichte anwenden müssen. Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) werden von der Europäischen Kommission als delegierte Rechtsakte erlassen und somit in geltendes Recht überführt. Die Entwürfe werden von Expertengruppen der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) im Auftrag der Europäischen Kommission erstellt.
Die Berichtsstandards werden in mehreren Phasen entwickelt und verabschiedet:
Set 1:
Zwölf Berichtsstandards, davon zehn zu Nachhaltigkeitsthemen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance, sowie zwei Standards mit übergreifenden Anforderungen; am 31. Juli 2023 als delegierte Verordnung der Europäischen Kommission verabschiedet, sprachliche Korrekturen der deutschen Fassung im August 2024, seit 2024 in Kraft.
Set 2:
Vereinfachte Berichtsstandards für börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen, voraussichtlich im Jahr 2025.
Set 3:
Ausgewählte branchenspezifische Berichtsstandards und Standards für Unternehmen aus Drittländern; voraussichtlich im Jahr 2026.
Was beinhaltet das Set 1 der EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards?
ESRS 1 legt allgemeine Anforderungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung fest. Er definiert die Anwendungsregeln der Standards, die Struktur der Berichte und die Berichtsprinzipien. Dazu gehören Vorgaben zur Wesentlichkeitsanalyse und dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit, die Einbindung von Stakeholdern bei der Bestimmung wesentlicher Themen, Erläuterungen zur Verknüpfung von unternehmerischen Sorgfaltspflichten mit den Berichtsanforderungen sowie Prinzipien für die Berichterstattung über Liefer- und Wertschöpfungsketten.
Gemäß den Anwendungsregeln können Unternehmen ganze Berichtsstandards weglassen, wenn sie die darin behandelten Nachhaltigkeitsthemen als unwesentlich einstufen. Für als wesentlich identifizierte Themen sind die entsprechenden Berichtsstandards anzuwenden und gegebenenfalls zusätzliche Informationen offenzulegen. Bestimmte Kennzahlen oder Datenpunkte können auch bei wesentlichen Themen ausgelassen werden, falls sie im konkreten Fall unwesentliche Informationen liefern würden. Verpflichtend für alle Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD sind die Anforderungen des Berichtsstandards ESRS 2 „General Disclosures“.
ESRS 2 enthält themenübergreifende Berichtsanforderungen. Unternehmen müssen unter anderem ihre Governance-Strukturen sowie die Beziehung von Strategie und Geschäftsmodell zu Nachhaltigkeitsthemen offenlegen. Zudem ist der Prozess zur Ermittlung wesentlicher nachhaltigkeitsbezogener Auswirkungen, Risiken und Chancen (sogenannte „Impacts, Risks and Opportunities“ – IRO) zu beschreiben.
Darüber hinaus definiert ESRS 2 Mindestberichtsanforderungen (sogenannte „Minimum Disclosure Requirements“) zu Unternehmensrichtlinien, Maßnahmen, Kennzahlen und Zielen, die als Grundlage für die Berichterstattung anhand der themenspezifischen Standards dienen. ESRS 2 orientiert sich sinngemäß an der von der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) empfohlenen Struktur, um die Kompatibilität mit internationalen Berichtsstandards zu gewährleisten. Diese Struktur gilt auch für die themenspezifischen ESRS.
Im Umweltbereich sind fünf themenspezifische Berichtsstandards vorgesehen:
ESRS E1: Enthält Berichtsanforderungen zu Klimaschutz, Klimaanpassung und Energie.
ESRS E2: Beinhaltet Berichtsanforderungen zur Umweltverschmutzung, insbesondere zur Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden sowie zu besorgniserregenden Stoffen.
ESRS E3: Umfasst Berichtsanforderungen zum Wasserverbrauch und zur Nutzung mariner Ressourcen.
ESRS E4: Enthält Berichtsanforderungen zu Biodiversität und Ökosystemen, einschließlich Landnutzung und Landnutzungsänderung, Entwaldung, invasiven Arten und anderen Treibern des Biodiversitätsverlusts sowie zum Zustand von Arten und Ökosystemen.
ESRS E5: Bezieht sich auf Berichtsanforderungen zur Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft, insbesondere zu Materialien und deren zirkulärer Verwendung, zu Produkten des Unternehmens und deren zirkulären Nutzungsmöglichkeiten sowie zu Abfällen.
Wie sieht der Erarbeitungsprozess der Standards aus?
Die Europäische Beratungsgruppe für Rechnungslegung (European Financial Reporting Advisory Group – EFRAG) spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der EUNachhaltigkeitsberichtsstandards. Ursprünglich konzentrierte sich EFRAG auf die Mitarbeit und Bewertung internationaler Rechnungslegungsstandards. Mit der Überarbeitung der CSRRichtlinie erhielt EFRAG von der Europäischen Kommission (Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion – FISMA) das Mandat, vorbereitende Arbeiten für die EU-Nachhaltigkeitsberichtsstandards durchzuführen und einen ordnungsgemäßen Prozess (den sogenannten „Due Process“) für die Entwicklung dieser Standards einzuführen.
Im März 2022 hat EFRAG zwei Gremien eingerichtet:
die Sustainability Reporting Technical Expert Group (SR TEG) und das Sustainability Reporting Board (SRB), die beide für den Standardentwicklungsprozess verantwortlich sind. Beide Gremien setzen sich aus Vertreter*innen verschiedener Stakeholdergruppen zusammen. In der Praxis erstellt das EFRAG-Sekretariat erste Entwürfe für die Standards, die dann von der SR TEG diskutiert und überarbeitet werden. Anschließend werden sie im SRB erörtert und beschlossen. Für jeden Standard sieht das Verfahren auch eine öffentliche Konsultation vor.
Abweichend davon wurden die vorbereitenden Arbeiten für das Set 1 der Berichtsstandards von einer Projekt-Taskforce übernommen, die im Juni 2021 parallel zu den Verhandlungen über die Überarbeitung der CSR-Richtlinie ihre Arbeit aufnahm. Das Ergebnis dieser Taskforce wurde im April 2022 an die EFRAG-Gremien übergeben und zur öffentlichen Konsultation gestellt. Mit Unterstützung der SR TEG hat das SRB daraufhin die Entwürfe des Set 1 der ESRS finalisiert und am 23. November 2022 der Europäischen Kommission übergeben.
Die Europäische Kommission hat die Standards nach Konsultationen mit verschiedenen EUInstitutionen, den EU-Mitgliedstaaten und der Öffentlichkeit nochmals angepasst und sie am 31. Juli 2023 verabschiedet. In diesem letzten Schritt wurden zahlreiche Erleichterungen für die berichtspflichtigen Unternehmen eingeführt, aber auch das Ambitionsniveau der Standards reduziert.
Welche Anwendungsfragen gibt es?
Die EFRAG hat bislang drei Umsetzungsleitlinien (Implementation Guidances – IG) für die ESRS veröffentlicht (englischsprachig):
IG 1: Materiality Assessment Implementation Guidance (MAIG) bietet ein anschauliches Wesentlichkeitsbewertungsverfahren für Unternehmen und entwickelt das Konzept der Wirkung und Finanziellen Wesentlichkeit mit einer Reihe von Beispielen, einschließlich der Art und Weise, wie diese beiden Konzepte miteinander abspielen. Es enthält auch FAQs zur Bewertung der doppelten Wesentlichkeit, um praktische Umsetzungsrichtlinien zur Offenlegung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen zu bieten.
Feedback-Statement: https://www.efrag.org/sites/webpublishing/SiteAssets/ Feedback%20statement%20IG1.pdf
IG 2: Value Chain Implementation Guidance (VCIG) skizziert die Berichtsanforderungen für die Wertschöpfungskette von der Materialitätsbewertung über Richtlinien und Aktionen bis hin zu Metriken und Zielen. Es veranschaulicht die Berichterstattungsgrenze der Gruppe für Nachhaltigkeitsberichterstattung, einschließlich des Konzepts der operativen Kontrolle in Umweltstandards. Die VCIG enthält auch FAQs für weitere Informationen und eine „Wertschöpfungskettenkarte“, die die Auswirkungen der Wertschöpfungskette nach Offenlegungspflichten auf allen ESRS zusammenfasst.
IG 3: Liste von ESRS-Datenpunkten übersetzt die vollständige ESRS-Set-1-Liste detaillierter Anforderungen in jeder Offenlegungspflicht und den zugehörigen Anwendungsanforderungen im Excel-Format. Die Datei enthält zusätzliche Informationen, wie z.B. die Arten der Anforderung (z. B. quantitativ oder qualitativ) oder ob diese Übergangsbestimmungen unterliegen. Diese Liste kann die Datenerhebung bilden.
- IG 1: Zur Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS
- IG 2: Zu Fragen der Berichterstattung über die Wertschöpfungskette
- IG 3: Mit einer vollständigen Liste der ESRS-Datenpunkte
Hilfestellung in Deutschland: https://www.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/